Nachlese zum Tod von Dr. Thomas Schäfer – es tauchen Zweifel am Selbstmord auf

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Bild: Foto Thomas Schäfer: Wikimedia, Martin Kraft, Bildlizenz CC-BY-SA-40,

von Niki Vogt

Ein Selbstmord berührt jeden fühlenden Menschen. Wie verzweifelt muss diese Seele gewesen sein, wie gottverlassen, dass nur noch die Flucht aus dem unerträglichen Leben als einzige Lösung erscheint? Ein schluchzender Ministerpräsident Volker Bouffier demonstrierte Menschlichkeit. Man verstummt und es gilt als pietätlos, diese persönliche Tragödie zu hinterfragen. Doch man findet immer mehr Hinweise, dass es Gründe gibt, die eher auf einen Mord, denn auf einen Selbstmord deuten.

Das Internet vergisst nichts. Man findet die alten Spuren schnell. Und die allzu eilfertige Löschung der Meldung des Spiegels, Dr. Schäfer habe einen Abschiedsbrief hinterlassen, in dem er von „Aussichtslosigkeit“ in Bezug auf Wirtschaft und Gesellschaft geschrieben haben soll, machte stutzig. Seit wann werden denn Abschiedsbriefe zensiert? Und inwiefern wäre darin eine „Verschwörungstheorie“ des Spiegels zu sehen?

Auch die Persönlichkeit Dr. Schäfers passt so gar nicht in das Muster eines Selbstmordes aus Ausweglosigkeit. Die Erklärung des hessischen Ministerpräsidenten Bouffier, Dr. Schäfer habe es so schwer zu schaffen gemacht, dass er vielleicht die Erwartungen der Menschen, für ihre Verluste durch die Corona-Quarantäne entschädigt zu werden nicht werde erfüllen können, dass er keinen anderen Ausweg mehr sah, ist bei näherer Betrachtung wenig glaubwürdig.

Denn noch eine Woche vorher hatte Dr. Schäfer im hessischen Landtag wie ein Leuchtturm an Zuversicht und Tatendrang gewirkt. Er sah die Bewältigung der Corona-Krise als eine Jahrhundert-Aufgabe und den „Anfang einer unbekannten Dimension“ und meinte frohgemut: „Ich bin zuversichtlich, dass wir gute Chancen haben, das zu bewältigen.“

Von Depression, Mutlosigkeit und Verzweiflung spricht das nicht. Außerdem war der verstorbene hessische Finanzminister durchaus schneidig im Umgang mit hohen Geldsummen und scheute auch nicht riskante Manöver mit Steuergeldern. Die „Welt“ schrieb im Oktober 2018:

Finanzminister Thomas Schäfer hatte mit Finanzderivaten auf steigende Zinsen gewettet – und sich verzockt. Neue Veröffentlichungen zeigen das Ausmaß der Steuerverschwendung. (…) Recherchen von WELT und WELT AM SONNTAG hatten im Sommer aufgedeckt, wie Hessens Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) und seine Mitarbeiter durch ungeschickte Zinswetten Hunderte Millionen von Steuergeldern verschwendet hatten. Bislang ließ sich der Schaden nur grob schätzen. Neue Berechnungen von WELT zeigen nun, dass sich die bislang realisierten Mehrausgaben auf über drei Milliarden Euro belaufen. (…) Es handelt sich dabei um Steuergelder, die ansonsten vielleicht für Kitas, Schulen, Straßen oder Integrationskurse ausgegeben worden wären.“

Diese Sache ist noch längst nicht ausgestanden. Insider sind der Meinung, dass da möglicherweise noch einige Leichen im Keller liegen könnten. Die drei Milliarden Euro sind möglicherweise nicht alles. Und das ist schon mehr als genug. Nimmt Dr. Schäfer vielleicht sehr belastende und wichtige Informationen mit ins Grab? Lässt der Crash an der Börse vielleicht noch ein paar desaströse Hochrisiko-Derivate des hessischen Finanzministeriums platzen und ans Licht kommen?

Andererseits: Wir haben schon so viele Finanz-Fehlleistungen unserer Politiker gesehen, Pleiten von ganzen Landesbanken, den ESM und den Ruin der Wirtschaft aus grüner Ideologie … die Liste wäre lang. Ein Mann wie Dr. Schäfer hätte das auch noch weggesteckt. Vielleicht nicht einmal allzu großen Schaden genommen.

Es gibt allerdings noch einen anderen, möglichen Zusammenhang, den der Journalist Yavuz Özoguz in einem Beitrag auf Muslim Markt beleuchtet: Den NSU-Komplex. Was niemand mehr so richtig auf dem Schirm hat ist, dass Dr. Schäfer auch hierin verwickelt war. Er bekleidete zu dieser Zeit den Posten des hessischen Justizstaatssekretärs. Er ist damals, 2016, vor dem NSU-Untersuchungsausschuss vernommen worden.

Die Frankfurter Rundschau schrieb seinerzeit:

Der damalige Staatssekretär Schäfer hatte im Sommer 2006 das Ministerium weitgehend geführt, da Minister Jürgen Banzer (CDU) erkrankt war. In dieser Zeit telefonierte Schäfer nach eigenen Angaben mit dem damaligen Innenminister und heutigen Ministerpräsidenten Volker Bouffier (CDU), um zu klären, wie schwer die Bedenken des Verfassungsschutzes gegen eine direkte Vernehmung von Temmes V-Leuten wogen.

Bouffier habe gesagt, dass es „durchaus gewichtige Argumente geben könnte, eine solche Sperrerklärung abzugeben“, erinnerte sich Schäfer. Daraufhin habe er seine Mitarbeiter gebeten, dafür zu sorgen, dass der Schutz der Verfassungsschutzquellen nicht durch die Ermittlungen gefährdet werde – etwa durch besondere Vernehmungsverfahren.“

Wie viel Ministerpräsident Volker Bouffier damals Dr. Schäfer an Hintergründen zu dem Geheimdienstmann Andreas Temme und dem NSU-Komplex mitgeteilt hat, ist nicht bekannt. Davon, dass Dr. Schäfer aber vollkommen unbeteiligt und ahnungslos war, ist nicht auszugehen.

Yavuz Özuguz fasst noch einmal die Geschehnisse um die mysteriöse Gestalt Temme und rund um die NSU-Affäre zusammen, einschließlich der Verbindung zum Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke:

Bereits im Jahr 2017 berichtete Telepolis über die ungewöhnlich lange Liste der Zeugen im NSU-Prozess, die umgekommen sind. Und der Mord an dem hessischen Politiker Walter Lübcke liegt auch nicht lange zurück und soll noch einmal auch im Zusammenhang mit NSU untersucht werden. Gleich zwei ermordete hessische Politiker in so kurzer Zeit wäre wirklich zu viel.

Dabei dreht sich vieles um einen Ex-Verfassungsschützer. Im Fokus der NSU-Ermittlungen steht der Name Andreas Temme. Er gilt als Schlüsselfigur bei der Aufklärung des Mordes an Halit Yozgat. Temme war zur Tatzeit der Ermordung Halit Yozgats in dessen Internetcafé. Er hatte das Internetcafé nur wenige Sekunden nach dem Mord verlassen und sich später nicht bei der Polizei gemeldet. Er sagte später aus, er habe beim Verlassen des Internetcafés den verblutenden Halit Yozgat hinter dem Tresen nicht gesehen. Bei einer Wohnungsdurchsuchung fand man bei Temme eine Ausgabe von Hitlers „Mein Kampf“ und seitenlange handschriftliche Abschriften daraus.

Das Pikante dabei ist: Der damalige Justizstaatssekretär und spätere Finanzminister Thomas Schäfer habe damals die neue Beschäftigung für Temme vorgeschlagen, sagte der Linken-Abgeordnete Hermann Schaus im Gespräch mit der Zeitung Hessische Niedersächsische Allgemeine. Es gab offensichtlich auch Verbindungen zwischen Andreas Temme und dem mutmaßlichen Lübcke-Mörder Stephan Ernst. Erstaunlich dabei ist, dass jener Temme mittlerweile im Kasseler Regierungspräsidium arbeitet.

Yavuz Özoguz bemerkt zu Recht, wie auffällig ruhig es in den Qualitätsmedien um diese Verbindungen in die NSU-Affäre bleibt. Ein einstimmiges, tiefes Schweigen: „Kein einziger der Nachrufe von Presstituierten der Systempresse geht auf diesen Umstand ein. Das könnte die richtige Suchrichtung sein.“