Nach „Haltungsjournalismus“ jetzt auch „Haltungssupermärkte“: Kaufland und Vitalia bannen Attila Hildmann-Produkte (+Videos)

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Attila Hildmann kocht 2014 beim Veggie Street Day in Dortmund, Bild: gemeinfrei

von Niki Vogt

Das neue, leuchtende Zeitalter der Toleranz und der offenen Gesellschaften hat wieder einen epochalen Sieg zu verzeichnen auf dem Weg zur unantastbaren Einheitsmeinung. Wieder ist es gelungen, einen widerlichen Abweichler mit eigener, nicht lizensierter Meinung abzustrafen: Attila Hildmann. Dabei war der Mann so gefeiert, gerade unter den Tolerantisten. Er schien der Inbegriff des Guten zu sein: Attila Klaus Peter Hildmann ist laut Wikipedia türkischer Herkunft und wuchs bei deutschen Adoptiveltern auf. Er ist erfolgreich und Veganer und schreibt auch noch vegane Kochbücher. Also: Alles richtig gemacht.

Attila Hildmann konnte geschickt und begabt „die Welle reiten“. Er ist gefeierter Buchautor für vegane Kochbücher und betreibt seine schicke Internetseite sehr erfolgreich. Er war gern gesehener Gast im Fernsehen, war Gast bei „Menschen bei Maischberger“, „TV total“, „Nachtcafé“, bei „Schlag den Star“ und im WDR zu sehen. Als sympathischer Promi und Liebling der Zuschauer war er bei „Let`s Dance“ dabei, was ihm leichtfiel, denn er war sportlich und gut trainiert. Es lief also alles bestens.

Doch machen wir uns nichts vor. In Wirklichkeit war er nie ein echter und lupenreiner Gutmensch. Erste Anzeichen von eigenmächtig selbständigem Denken und nicht lizensierten Meinungen zeigten sich schon 2015, als die Grenzen geöffnet wurden. Der Satz Hildmanns: „Integration ist in Deutschland ein heikles Thema aufgrund der deutschen Vergangenheit, was zu einer aktuellen Selbstverstümmelung deutscher Werte und Kultur führt.“

Deutsche Werte und Kultur??? Oh-Oooooh, Herr Hildmann, böser Fehler. So etwas gibt es nicht, darf es nicht geben und hat es nie gegeben. Aber damals half ihm ja noch ein bisschen, dass er ja ansonsten ganz okay war und plus Türkenbonus, da kann man ausnahmsweise mal schweigend über eine unbequeme und illegale Wahrheit drüber weg sehen. Aber: Er hätte damals schon verstehen müssen, dass man ihm das nur grad noch mal so hat durchgehen lassen. Intelligenz, eigenes Denken und abweichende Meinungen sind immer verdächtig und irgendwie Nazi. Da kann man immer – egal wie – etwas finden, was den Unbotmäßigen in die braune Ecke drückt. Damals bescheinigte ihm der „Zündfunk“, ein Format des bayerischen Rundfunks, Anzeichen einer „Symbiose von Rechtsradikalismus mit grenzenloser Tierliebe“. Dafür sind die Rechten ja weithin bekannt, vor allem mit Schäferhunden. Was man ihm erstaunlicherweise nicht vorhielt: Auch der „Fööööhrer“ war Vegetarier. Na gut, nicht Veganer.

Aber dann sprengte Herr Hildmann dem Fass den Boden ins Gesicht. Wikipedia schreibt:

„Während der COVID-19-Pandemie beschimpfte er den Gesundheitsminister Jens Spahn in einem Kommentar auf Instagram: ‚Keiner will deine Drecksapp, deine von Gates bezahlte Zwangsimpfung und deinen geplanten Überwachungsstaat‘. Er behauptete außerdem, dass Spahn Mitglied einer Verschwörung sei und dass in Deutschland die Demokratie abgeschafft werden würde. Zusätzlich beteiligte er sich an Verschwörungstheorien gegen den Präsidenten des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler. Hildmann glaubt in Verbindung mit der COVID-19-Pandemie an die Einführung der sogenannten Neuen Weltordnung und kündigte an, mit Waffengewalt gegen diese vorgehen zu wollen. Matthias Schwarzer von RedaktionsNetzwerk Deutschland charakterisiert Hildmanns Aussagen als einen ‚Mix aus antisemitischen Mythen und Gewaltphantasien‘. Am 7. Mai 2020 gaben der Discounter Kaufland und die Drogeriekette Vitalia bekannt, keine Produkte Hildmanns mehr in ihren Filialen zu verkaufen. Eine Redakteurin der Frankfurter Rundschau kommentierte Hildmanns Agitation in der Corona-Krise mit dem Satz: ‚Wenn es nicht so gruselig wäre, es wäre einfach nur zum Lachen.‘“

Es wurde aber noch gruseliger. Die WELT filmt, wie Attila Hildmann am vergangenen Wochenende bei einer ungenehmigten Demo von der Polizei festgenommen und abgeführt wird und titelt in vorbildlichem Journalismus und vollkommen unvoreingenommen „Tofu-Brater stresst Polizei“, Untertitel: „CORONA-RANDALE: Aluhut und Vegan-Promi Attila Hildmann bei ungenehmigter Demo festgenommen“.

Jawoll, lieber Leser, SO geht sachliche, objektive Berichterstattung.

Unverständlicherweise hat das Video trotz dieser journalistischen Meisterleistung nur 1201 Likes und 5985 Dislikes (Stand Dienstag). Bei einer Aufrufzahl von 310.896 Zuschauern scheint der Mann eine große Anzahl von Unterstützern und Sympathisanten zu haben. Es könnte zu befürchten stehen, dass seine „Tofu-Braterei“ (Snackbar + Store, Schillerstraße 71, 10627 Berlin) gerade wegen dieses Videos und der Behandlung, die ihm zuteil wurde, regen Zuspruch und ganze Gruppen von Aluhut-Gästen zu verzeichnen haben wird, sobald er wieder aufmachen kann.

Und seit er sich mit Xavier Naidoo verbrüdert hat, hat er ja vollkommen verschissen. Zusammen mit Detlef D! Soost und Eva Herman gehören sie nun mit ihren Ansichten, die von staatlichen Qualitätsjournalisten mit dem Gütesiegel „krude Verschwörungstheorien“ ausgezeichnet wurden, zur „High Krudelity“ der Bundesrepublik.

 

Interessanterweise hören sich die Berichterstattungen unserer Qualitätsmedien immer ganz anders an, wenn im Iran oder Syrien oder in Russland Anti-“Regime“-Demonstrationen skandierend durch die Straßen ziehen. Da sind das natürlich immer „Oppositionelle“, „Aktivisten“ und „Bürgerrechtler“ und die Regierung „Machthaber“ oder „Regimes“, auch gerne „grausame Diktatoren“ die den Willen des Volkes mit Füßen treten. Selbst, wenn aus Frankreich Bilder und Videos der Gelbwestenproteste in den sozialen Medien überborden, wo auf Befehl von Präsident Macron die Polizeiknüppel dreschen, alte Leute auf den Boden geworfen und ihnen die Arme schmerzhaft  nach hinten gedreht werden, Augen durch Gummikugelmunition ausgeschossen werden und sogar Tote in Kauf genommen … das zeigen sie in den Medien nicht. Framing nennt man das, haben wir ja aus den internen Papieren der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gelernt.

Vielleicht hört Ihr Euch einmal an, was Attila Hildmann so alles Krudes zu sagen hat:

 

Und sind wir nicht alle unsagbar stolz darauf, dass die Supermärkte „Kaufland“ und „Vitalia“ jetzt diesen „gruseligen Aluhut“ und seine Artikel aus ihren Geschäften verbannen? Ist das nicht ungemein mutig von ihnen? Ist es nicht wunderbar, dass wir in einer so toleranten, demokratischen Gesellschaft leben, wo sich jeder seine freie Meinung bilden und diese auch sagen kann? Ööööhhh … oder wie war das noch?

Dieser Beitrag erschien zuerst auf der Webseite „dieUnbestechlichen.com“: https://dieunbestechlichen.com/2020/05/nach-haltungsjournalismus-jetzt-auch-haltungssupermaerkte-kaufland-und-vitalia-bannen-attila-hildmann-produkte-videos/