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von Niki Vogt
Die US-Behörden haben es abgenickt, Amazon darf seine Nutzer mit einem neuen Gerät – natürlich nur zu ihrem Besten – im Schlaf überwachen. Das hat die US-Kommunikationsbehörde FCC (Federal Communications Commission) Ende der letzten Woche offiziell genehmigt. Unter dem Projektnamen „Brahms“ arbeitet Amazon an dem Gerät, das beim Einschlafen helfen soll und Schlafstörungen, wie die Schlaf-Apnoe erkennen kann.
„Brahms“ soll laut der FCC-Zulassung Radarsensoren zur berührungsfreien Steuerung des Gerätes und einer Funktionen einsetzen. Das Gerät wird einfach in das Schlafzimmer gestellt und das Radar kann von da aus die Bewegungen im Raum erfassen und dazu nutzen, „Schlafverfolgungsfunktionalitäten“ zu ermöglichen, schreibt die Seite Bloomberg. Mit anderen Worten: Die Radarsensoren erfassen die Bewegungen und „überwachen den Schlaf „kontaktlos“, also ohne angeheftete Sensoren, Schnüre und Pflaster am schlafenden Menschen. Dabei wird aber nicht nur der Schlaf überwacht, man kann dem Handtellergroßen, sechseckigen Gerät auch umgekehrt, mittels einfacher Bewegungen und Gesten Befehle geben. Zum Beispiel kann man die Weck-Funktion und auf Wunsch auch Musik einstellen
So könnten auch Menschen mit „Mobilitäts-, Sprach- oder Tastbehinderungen“ das Gerät steuern und ihren Schlaf überwachen lassen. „Der Einsatz von Radarsensoren bei der Schlafverfolgung könnte das Bewusstsein und das Management der Schlafhygiene verbessern, was wiederum für viele Amerikaner erhebliche gesundheitliche Vorteile bringen könnte“, schreibt Amazon in seinem Antrag. „Radarsensoren werden es den Verbrauchern ermöglichen, potenzielle Schlafprobleme zu erkennen.“
Damit steigt Amazon in den florierenden Bereich Gesundheit und Wellness ein. Insbesondere soll damit die nicht ganz ungefährliche Schlaf-Apnoe erkannt werden. Dabei stellt der Schlafende einfach seine Atmung ein, weil die Muskeln in Rachen und Schlund schlaff werden und die Luftröhre blockieren.
„Die Deutsche Gesellschaft für Schlafmedizin (DGSM) vergleicht das mit einem „Strohhalm, der in sich zusammenfällt, indem man ihn an einem Ende zudrückt und am anderen Ende saugt“. In der Praxis schnarcht der Patient erst einmal ausgiebig, dann herrscht Totenstille – viel zu lang –, plötzlich und mit einem lauten Aufschnarchen setzt die Atmung wieder ein. Durch die unkontrollierten Atemaussetzer wird das Gehirn zeitweise nicht mehr mit Sauerstoff versorgt und auch für das Herz-Kreislaufsystem sind derartige Unterbrechungen gefährlich. Eine nicht behandelte Schlafapnoe kann im schlimmsten Fall sogar zu einem Schlaganfall oder einen Herzinfarkt führen. Oder zu einem metabolischen Syndrom mit Blutzucker-Problemen.
Die Ursachen für eine Schlafapnoe sind vielfältig. Entweder genetisch veranlagt oder anatomisch bedingt zum Beispiel durch Nasenpolypen oder vergrößerte Rachenmandeln. Aber auch Übergewicht und zu viel Alkohol können zu einer Schlafapnoe führen.“
Die Schlafapnoe ist aber nicht die einzige Schlafstörung, die „Brahms“ erkennt, heißt es. Der Codename Brahms kommt übrigens von dem bekannten Wiegenlied „Guten Abend, gute Nacht, von Rosen bedacht“ des Komponisten.
Die Analyse der vom Radar erfassten Reaktionen und Bewegungen des Schlafenden übernimmt Künstliche Intelligenz (KI). Das soll mit dem Einsatz von Amazons Machine-Learning und Cloud-Technologien bewältigt werden. Wie sicher diese sensiblen Daten dort sind, weiß man nicht. Zumindest, so heißt es von Amazon, soll das Gerät nicht für Werbezwecke eingesetzt werden. Soll das heißen, dass man nicht im Schlaf mit säuselnder Werbung unbewusst manipuliert wird, am nächsten Tag auf Amazon das Produkt XYZ zu kaufen?
Ob sich das Ding wohl verkaufen wird? Die einen finden es sicher toll, gut und nützlich, die anderen werden strikt dagegen sein, auch noch im eigenen Schlafzimmer, dem intimsten Raum überwacht und abgehört zu werden. Zumal man gerade im Bett durchaus auch sehr munter sein kann und auffällige Atmung und seltsame Geräusche dort nicht unbedingt von Schlafproblemen künden müssen.
Eine ganz andere Frage ist, ob die allnächtliche Belastung mit Radarwellen wirklich der Gesundheit dient. Das Wort Radar ist ein Kürzel aus den englischen Begriffen „Radio detecting and ranging“. Dabei sendet eine Antenne hochfrequente elektromagnetische Felder aus und erfasst dann, wie diese von anderen, metallischen Objekten zurück reflektiert werden. Dadurch kann die Technologie Informationen über Größe, Entfernung und Bewegungsgeschwindigkeit der Objekte liefern.
Radarwellen sind auch „Elektrosmog“. Darunter versteht man allgemein eine technische Strahlung, wie auch Mobilfunk, W-LAN etc. Sie beeinflusst biologische Prozesse, weil die Strahlung meistens durch den Körper hindurchdringt. Sonst könnte man in Häusern keine Handygespräche führen und ein W-LAN wäre nur in einem Raum zu empfangen. Es kommt natürlich auch auf die Stärke der Radarstrahlung an. Aber auch schwache Radarstrahlung hat Effekte. Die Seite „esmog“ berichtet:
„Ein Forscherteam von der Universität Kharkiv in der Ukraine untersuchte die Wirkung schwacher Radarstrahlung auf menschliche Zellen. Die Forscher wählten eine Strahlungsintensität von 300 Milliwatt pro Quadratmeter, welche weit unterhalb jeglicher Grenzwerte liegt. Sie entdeckten dabei, dass die Aktivität des Erbguts durch die Strahlung sinkt. Das macht die Zellen anfälliger für Mutationen und könnte daher Krebs erzeugen.
Das Zentrum für Strahlenbiologie und Strahlensicherheit Warschau prüfte in einem 15-jährigen Zeitraum die Krankheitsgeschichten von Militärpersonal. Die Studie umfasst über 127.000 Menschen. Es wurde eine Verdoppelung der Krebsrate und eine Versechsfachung der Fälle von Leukämie und Lymphomen festgestellt.
Eine Untersuchung des Armstrong-Foschungslabors der Brooks Air Force Basis in Texas nahm 230 Gehirntumore von Angestellten in Augenschein. Dabei wurde entdeckt, dass mit Elektrosmog durch Radaranlagen belastete Angestellte ein um 39 % höheres Risiko aufwiesen, an einem Hirntumor zu erkranken.
Der menschliche Körper reflektiert die Wellen nicht, sondern absorbiert einen Teil von ihnen. Das führt zu einer leichten Erwärmung des Gewebes, aber auch zu biologische Reaktionen. Diese Reaktionen sind Beeinflussungen der Nervenbahnen und Veränderungen des Erbguts. Die negativen Langzeitfolgen für die Gesundheit wurden in verschiedenen Studien quer über den Globus statistisch belegt und sollten beim Bau neuer Radaranlagen von den Betreibern bedacht werden.“
Wer sich so ein Ding ins Schlafzimmer stellt, sollte sich a) überlegen, ob er sich wirklich von Amazon auch noch im Schlaf überwachen lassen will, was b) mit diesen Daten passieren könnte und sich c) vielleicht erst einmal kundig machen, was Radarwellen jede Nacht und auf Dauer mit seinem Körper machen.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf der Seite „DieUnbestechlichen.com„