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von Niki Vogt (und weiter unten Stefan Doliwa)
Nur zur Einleitung: Eine Meldung, die alles sagt: Elektrische Heizöfen sind so gut wie ausverkauft. Die Leute denken, „Hujuiijuiii! Im Winter könnte es nicht genug Gas geben für unsere Heizung, da kaufen wir uns lieber mal ein Heizgerät für Strom!“ Als ich das hörte stutzte ich eine Sekunde und musste dann doch lachen, so bitter es ist. Wenn kein Gas mehr da ist, folgt der Zusammenbruch des Stromnetzes praktisch auf dem Fuße, denn die „erneuerbaren“, wie Wind und Sonne sind im Winter wesentlich schwächer, besonders die Sonne. Die Atomkraftwerke haben die Grünen weitgehend abgeschafft, da gibt es nur noch ein paar von. Und Atomkraftwerke kann man nicht einfach so wieder hochfahren.
Kohlekraftwerke, bis auf wenige, sind auch stillgelegt. Und auch die stillgelegten kann man zum großen Teil nicht mehr einfach anschalten. Denn der Kohleausstieg wurde ja schon vor mehr als einem Jahrzehnt geplant und daher haben die Kohlekraftwerkbetreiber kein Geld mehr in die alten Anlagen hineingehängt, um sie instand zu halten, abgenutzte Teile zu erneuern, Innovationen oder Sicherheitsprüfungen zu machen. Die stillgelegten Kohlekraftwerke sind zum größten Teil überaltert und durch den Stillstand auch verkommen – oder sie wurden umgewidmet zu Industriemuseen oder Kunsthallen.
Nur noch einige sind brauchbar und könnten wieder in Betrieb genommen werden. Kohlekraftwerke bilden mit den Gaskraftwerken das sogenannte „Backbone“, das Rückgrat der Energieversorgung, weil man sie im Notfall sofort in der Leistung hochfahren kann und weil sie kaltstartfähig sind. Kohle könnte man auch noch auf dem Markt bekommen. Aber das ging bis jetzt alles so gerade eben. Spielraum gibt es fast keinen mehr.
Wenn nun das Gas ganz wegfällt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass hier in Deutschland die Lichter ausgehen, sehr hoch. Denn dann fallen auch noch die Gaskraftwerke aus und dann ist Schicht im Schacht. Da helfen auch keine strombetriebenen Heizöfchen mehr. Falls das jemand liest, der sich auf elektrische Öfchen verlässt: Wenn Sie einen Kamin oder Ofen haben, holen Sie sich jetzt! genügend Holz und Briketts. Haben Sie das nicht, dann besorgen Sie sich einen Petroleumofen.
Dass dieses Szenario mit einer nicht geringen Wahrscheinlichkeit eintreten wird, zeichnet sich immer deutlicher ab. Es gibt die nächste Gelegenheit, bei der auch noch der Rest vom Gas abgewürgt werden könnte. Aber hier lasse ich Stefan Doliwa zu Wort kommen, er ist ein guter Kenner der Materie.
von Stefan Doliwa
Zur Zeit ist es in der Branche in aller Munde, dass Wartungsarbeiten an der Nord Stream 1 Pipeline durchgeführt werden müssen. Die turnusmäßigen Wartungsarbeiten bergen die Gefahr, dass dadurch auch diese Pipeline auf Dauer ausfallen wird.
Die Arbeiten sollen am 12 Juli beginnen und 10 Tage dauern. Bei sensiblen, kritischen und gefährlichen Bauteilen ist eine solche Wartung nichts Besonderes. Man kennt dies beim Kundendienst beim Auto, oder bei Flugzeuginspektionen. Während der Autobesitzer sein Auto ungestraft auf Verschleiß fahren kann und nur den TÜV überstehen muss, gibt es gesetzliche Regulierungen, wann wie ein Flugzeug zu warteten und zu inspizieren ist. Solche gesetzlichen Vorschriften gibt es sicherlich auch bei Gasanlagen, da diese definitiv dem Explosionsschutz (Ex-Schutz) unterliegen. Da der Ex-Schutz sehr strenge Richtlinien hat, gibt häufig auch der Hersteller von Ex-Schutz-Anlagen vor, welche Produkte verbaut werden müssen.
Eine solche Wartung wird nicht nur zeitlich abgestimmt, sondern ist auch von der Abfolge her mit Ablauf- und Wartungsplänen behaftet, die penibel dokumentiert werden müssen. Hierbei werden häufig Dichtungen, da sie einerseits kostengünstig sind, aber auch ein absolutes Sicherheitsmerkmal darstellen, ersetzt. Hersteller explosionsgeschützter Produkte schreiben hierbei häufig nicht nur den Dichtungswerkstoff vor, sondern das Produkt eines freigefahrenen Herstellers. Dies liegt einfach daran, dass selbst gleiche Produkte unterschiedlicher Hersteller sich oft nicht identisch verhalten. Um sich hier vor Schäden solcher Grenzverhaltensmuster zu schützen, wird der Hersteller des Produktes festgelegt. Es kann sogar sein, dass ein Herstellungszeugnis vom Lieferanten erstellt werden muss, damit ein solches Bauteil verbaut werden darf.
Während man also beim Auto beim Kauf von Autoreifen nur auf Größe, Lastkennzahl und Geschwindigkeitsbereich festgelegt ist, ist man z.B. bei Profil, Produkt oder Hersteller frei in der Wahl. Die Reifen sind zwar auch ein sicherheitsrelevantes Bauteil am Auto, aber nicht so bedeutend, dass es hierzu spezielle Vorschriften des Autoherstellers gibt. Mir ist kein Auto bekannt, bei welchem der Autohersteller den Reifenhersteller vorschreibt. Bei explosionsgeschützten Bauteilen kann es selbst bei scheinbar einfachen Bauteilen durch Prüf- und Herstellungszeugnisse ziemlich bürokratisch werden. Da die nun zu wartende Anlage höchstwahrscheinlich aus dem demokratischen Westen stammt, sind auch die verwendeten Bauteile aus einer dieser Volkswirtschaften. Wie man es nun schon bei der zur Wartung der Siemens-Verdichtungsturbine in Kanada sieht, kann diese nicht zurück nach Russland ausgeliefert werden, da die Politik ein Handelsembargo verhängt hat. So ähnlich könnte es nun bei den bevorstehenden Wartungsarbeiten aussehen.
Entweder sind alle bekannten Verschleißteile bereits vor dem Embargo nach Russland geliefert worden, oder die Anlage kann nicht mehr zusammenmontiert werden. Wenn nach dem Wartungsplan ein Bauteil ersetzt werden muss, dann muss zwingend ein neues Bauteil verwendet werden, selbst wenn das alte Bauteil noch gut ist. Und es darf auch kein anderes Bauteil verwendet werden. Die Wartungsfirma oder die Betreiberfirma werden einen Teufel tun und irgend etwas unternehmen, nur damit die Anlage wieder läuft, sollte nur ein Bauteil fehlen. Der Verstoß und das wäre hier sogar ein vorsätzlicher Verstoß würde bedeuten, dass sie die Haftung für Schäden an Leib, Leben und Gütern übernehmen müsste. Diesen Schuh zieht sich niemand an, da er die Komplexität der einzelnen Bauteile nicht überblicken und abschätzen kann. Entweder der Betreiber der Anlage hat gut vorgearbeitet und Ersatzteile vorrätig, oder aber die Sanktionspolitik wird uns erbarmungslos treffen – und auch die einzige, noch funktionierende Gaspipeline ist tot. Dann können wir uns im wahrsten Sinne des Wortes „warm anziehen“.
Dies sollte man wissen, dass dann nicht der böse Russe schuld ist, sondern die beste Regierung, die es je gab.