Niki Vogt auf Telegram folgen
von Niki Vogt
Wir haben Personalmangel überall, die Betriebe klagen, dass sie die wenigen Mitarbeiter, die ihnen geblieben sind überlasten. Gute Auszubildende sind kaum zu bekommen, die Handwerksberufe scheinen unter jungen Leuten besonders unbeliebt zu sein. Kein Wunder: Viele junge Leute sind schlicht nicht mehr leistungsbereit, ja sie heulen und jammern auf Youtube oder TikTok und beschweren sich, dass sie den ganzen Tag arbeiten müssen und ihre „Work-Life-Balance“ nicht mehr in Ordnung ist. Die Bezeichnung für diese Generation „Z“ ist zutreffend. Wenn die junge Generation arbeitsunfähig und arbeitsunwillig ist, fährt Deutschland frontal gegen die Wand. Dann ist das wirklich die letzte Generation.
An den einfachsten Anforderungen des Lebens verzweifelt scheitern
Die junge Brielle aus den USA heult sich auf TikTok aus: Frühmorgens duschen, aufstehen und um halb acht zur Arbeit fahren und erst 17 Uhr am Nachmittag wieder herauskommen und zurück nach Hause fahren – wo bleibt da das Privatleben? Wie kann man denn Freunde haben? Wie soll man da einen Mann kennenlernen?
@xciaralouisexxx #stitch with @BRIELLE basically don’t be afraid to ask your manager, they want to keep on good staff! #firstjobtip #graduatejobsuk #first9to5 #9to5tips #flexibleworkhours #firstjobadvice
Sie weint und jammert und ist völlig fertig, dass sie einen ganz normalen Beruf hat und arbeiten muss. Und ihre größte Angst ist, dass sie keinen Mann finden kann und niemals verheiratet sein könnte … „Oh, my god!“, ihre ganze pfundschwere Wimperntusche verläuft und die Nase läuft auch. Sie schnieft und heult:
@brielleybelly123 me trying to calm the redness of my tears w a cold water bottle
Das könnte man noch alles als eine Anwandlung eines verwöhnten Töchterleins aus gutgestelltem Hause und Einzelfall sehen. Das ist es aber nicht.
Da gibt es auch den jungen Mann (also, ich bin ja sehr „old school“und für mich ist das kein MANN), der bei Starbucks jobbt und in die Kamera greint:
„Ich bin buchstäblich dabei, hier hinzuschmeißen. Also ich weiß nicht ob ich wirklich gehe, ich will es wirklich. Heute wäre ich fast da rausgegangen, habe im Raum hinten (in den Personalräumen) geweint und ich habe fast im Laden geweint. Ich habe sowas wie dreieinhalb Stunden Schicht, es gibt so viele Kunden und wir haben vier Leute auf dem Boden (= hier im Einsatz) den ganzen Tag … (schluchzt Unverständliches) …“
Der Youtube-Kanalinhaber James Barnes mokiert sich über das heulende Bürschlein:
„Mimimi … halt zum Teufel die Klappe, Typ, ernsthaft jetzt: Du arbeitest – was denn? – einen acht-Stunden-Tag? Und stellst Dich an, als sei das das Ende der Welt? Das ist doch lächerlich! Und bevor Du Dich da hinsetzt uns sagst – oooh, wie hart das ist! – hör mal, ich habe bei vielen ‚Black Fridays‘ gearbeitet (das sind sowas wie bei uns Sommer- oder Winterschlussveräufe mit Dumpingpreis-Angeboten, wo die Geschäfte mit Kunden überschwemmt werden), als ich jünger war. Und ich weiß, dass das übel sein kann. Ich weiß, das kann fürchterlich sein. Aber rate mal: Du bist da und bedienst einen Kunden nach dem anderen und versteckst Dich nicht im Hinterzimmer und heulst, wie ein kleines Baby! Die Leute sind heutzutage schwach wie Hölle!“
Dann gibt es da noch so ein heulendes Elend, eine junge Frau die schon in Tränen aufgelöst ist, dass sie überhaupt einen Job annehmen soll. Sie gibt sogar zu „I understand that I’m a brat“ (ich hab verstanden, ich bin ein ungezogenes Blag):
Aber sie findet nun mal, dass sie ganze andere Interessen hat, als irgendeine doofe Arbeit. Und sie ist nicht allein. Auf TikTok gibt es Dutzende dieser Blümelein, die sich ausheulen.
Live-Quitting – ein neuer Trend auf TikTok
Diese ganze Einstellung führt zu absonderlichen Moden. Die neueste heißt „Live Quitting“ und bedeutet, seine Kündigung beim Vorgesetzten live mitzufilmen und als Video auf TikTok oder Youtube online zu stellen. Sie sind auch noch richtig stolz drauf.
Das ganze Getue wird auch mit der Idee gerechtfertigt, anderen Mut machen zu wollen, einen Job, den sie nicht mehr wollen, einfach hinzuschmeißen und sich dabei wohl und akzeptiert zu fühlen. Was das für die Kollegen bedeutet, für die Firma, sch…egal. Es geht in ihrem egozentrischen Weltbild ja nur und ausschließlich um ihr ganz persönliches Wohlgefühl.
Dem könnte aber im weiteren Verlauf ihres Erwachsenendaseins ein übler Dämpfer versetzt werden. Denn Arbeitgeber werden sich die Bewerber sehr genau angucken, was heute schon Gang und Gäbe ist. Wer solche breite Spuren in den sozialen Medien hinterlässt, darf sich nicht wundern, wenn er nirgends mehr ankommt. Wer will sich so eine Heulsuse (männlich, weiblich, divers) denn freiwillig antun? Man weiß ja von vorneherein, dass diese Person bei Leistungsanforderung völlig zusammenbricht, bei Spannungen zwischen Kollegen sofort den Bettel hinschmeißt und schon gar nicht zu Überstunden bereit ist, wenn es mal Engpässe gibt. Und dann noch irgendwelche Interna und Probleme im Unternehmen durch’s Netz pustet. So ein „Mitarbeiter“ kostet nur Zeit und Nerven und kann dann auch noch in den Sozialen Medien einen enormen Schaden anrichten.
Das Leben soll eben doch ein Zuckerschlecken sein – bei Vollversorgung natürlich
Die jungen Herrschaften mit den hohen Ansprüchen wissen eigentlich sehr genau, dass sie – grob formuliert – verzogene Weicheier sind, die auch noch frech werden und rücksichtslos fordern. im Volksmund auch gerne „Kackbratzen“ genannt. Nachdem die gestresste Brielle ihr Leid in die Kamera geschnieft hatte, erntete sie neben dem Beifall der ebenso unsozialen Gesinnungsgenossen auch harsche Kritik: Sie solle mal im richtigen Leben ankommen und sich nicht dermaßen weinerlich anstellen. Darüber regte sich Madämchen Brielle Asero dann auch noch auf. Die 21jährige Prinzessin auf der Erbse ist wütend wegen der unfairen Unterstellungen. Das sei doch alles nur der Versuch, ein Gespräch darüber anzustoßen, dass es so bedauernswerte Leute gebe, die noch länger arbeiten müssen als sie. Nur, dass das überhaupt nicht in ihrem Jammervideo zur Sprache kommt, ja, nicht einmal durchscheint. Sie wird auch noch zu einem Interview für die Seite „Rolling Stone“ eingeladen. Der Seite „Rolling Stone“ sagte sie:
„Verschiedene Nachrichtensender haben mein Video aufgegriffen und alle Hochschulabsolventen als zu anspruchsvoll und faul dargestellt, was bei weitem nicht der Fall ist.“
Da hat sie sicher recht, es gibt junge Leute, die einsatzbereit und ambitioniert sind, sich fordern und fördern lassen wollen. Sie gehört aber offenbar nicht dazu. Und leider ist es mittlerweile fast überall „im Westen“ so, dass die Fleißigen in der Minderzahl sind.
Generation „Mimimi“ ist in der Mehrzahl – junge, brauchbare Berufseinsteiger Mangelware
Das wiederum einer der Gründe, warum die Wirtschaft mit einem zunehmenden Personalmangel zu kämpfen hat. Besonders bei handwerklichen Berufen ist das der Fall. Brauchbarer Nachwuchs ist Mangelware. Der hessische Rundfunk hat dazu eine Sendung gemacht:
Die Handwerksinnungen klagen alle über Mangel angeeignetem Nachwuchs. Viele Ausbildungsstellen bleiben unbesetzt, und auch die, die kommen, beenden ihre Ausbildung oft nicht. Obwohl die Aussichten auf sichere Arbeit und auch Aufstieg bishin zum Meister so gut sind, wie nie. Ist das geschafft, hat man breites und fundiertes Wissen und kann entweder einen Betrieb später übernehmen oder selber einen gründen.
Doch viele Betriebe haben schon erlebt, dass, selbst wenn sich jemand auf die Ausbildungsstelle bewirbt, in seinem Lebenslauf abgebrochene Lehren zu sehen sind, nicht selten sogar mehrere. Da stellt sich für den Arbeitgeber schon die Frage, ob man nun für diesen Kandidaten seine wenigen Mitarbeiter und sich selbst so viel Zeit abverlangt, denjenigen auszubilden und soviel Geld für einen Lehrling aufbringt, wenn es ein hohes Risiko gibt, dass es wieder ein neuer Abbruch wird und man Zeit und Geld vergebens investiert hat. Fast ein Drittel der Berufseinsteiger bricht seine Ausbildung ab.
Generation „Anspruch“ mischt gerade den Arbeitsmarkt auf
„In einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages 2019 sagten rund 63 Prozent der Betriebsleiter:innen, dass es Jüngeren an Motivation, Leistungsbereitschaft, Belastbarkeit fehle. Zugespitzt formuliert: Die Generation Anspruch mischt gerade den Arbeitsmarkt auf.“
Gleich, in welcher Berufsbranche, ob Handwerk, Industrie, Bildungsarbeit, kleine oder große Unternehmen: Mittlerweile ist überall zu hören: „Bloß keine jungen Leute, die wollen nicht mehr arbeiten.“ Das Credo der Jungen: „Wir wollen uns nicht so kaputtarbeiten, wie ihr, wir wollen mehr Freizeit, Work-Life-Balance“.
Nun ist genau das Gegenteil eingetreten, wie vor Corona noch: die Generation Praktikum gibt es nicht mehr. Da war es so, dass die Firmen die Praktikanten regelrecht ausgenutzt haben und jahrelang mit der Karotte „Festanstellung“ vor der Nase, im Prinzip die Arbeit haben machen lassen die man als Vollzeitstelle normalerweise auch voll bezahlt bekommt. Der berufliche Nachwuchs ackerte sich ab, um eine feste Stelle zu bekommen, hangelte sich oft lange Zeit von einer schlecht bezahlten Praktikumsstelle zur nächsten.
Jetzt dreht es sich ins Gegenteil. Nun bieten Firmen möglichst viel Kuschelgefühl an, um Mitarbeiter zu gewinnen: Gleitzeitmodelle, Sabbaticals (das sind mit dem Arbeitgeber vereinbarte Auszeiten oder Langurlaube bis zu einem Jahr, aber mit Arbeitsplatzerhalt), Flexible Arbeitszeiten ohne feste Arbeitsstunden, Homeoffice, Teilzeit für Führungskräfte, Jobtickets, kostenloses Frühstück und Getränke, Tischtennisplatten, sogar Betriebskindergärten.
Die „taz“ berichtet ebenfalls:
„Eine Berliner Personalentscheiderin will nicht mehr. Sie will keine jungen Menschen mehr einstellen, erzählt sie. In nahezu allen Bewerbungsgesprächen, die sie in den vergangenen Jahren geführt hat, hörte sie vor allem Forderungen: keine Vollzeit, Homeoffice als Regel, flexible Arbeitszeiten. Einer wollte nie montags arbeiten, ein anderer mittwochs nur bis 14 Uhr, dann war Yoga. Eine Bewerberin wollte sich spontan entscheiden können, ob sie am nächsten Tag arbeitet oder nicht. Ein Bewerber für eine volle Stelle wollte freitags immer freihaben. Die Personalentscheiderin sagte: „Dafür müssen sie aber an den anderen Tagen bis zu zehn Stunden arbeiten. Da ist der zeitliche Spielraum für Flexibilität begrenzt.“
Mittlerweile stellt sie nur noch Ältere ein:
„Für die Jüngeren, sagt sie, lohne sich das „Konzept Lohnarbeit mit einer 40-Stunden-Woche“ nicht mehr. Ein Personalchef in Nordrhein-Westfalen erinnert sich an einen jungen Kollegen, der für ein Projekt zu Hause aus seinem Regal drei Bücher heraussuchen wollte und sich dafür 15 Minuten Überstunden angerechnet hatte. Er beschreibt das Verhalten jüngerer Mitarbeiter:innen so: „Sie stellen maximale Anforderungen an Arbeitgeber:innen, die diese vielfach gar nicht erfüllen können.“
Interessanterweise zieht ausgerechnet die „taz“das Resümee:
„Die Jungen halten „nichts aus“, sagt die Sozialarbeiterin: „Sie sind nicht stressresistent.“ Wie auch? Entgegen ihrem Glauben an Selbstverwirklichung und lockere Arbeitswelt finden sich junge Menschen plötzlich in einer Welt aus Bestimmungen und Vorgaben wieder, die sie übermäßig anstrengen. Druck, den sie bis dahin nicht kannten.
Verantwortlich für diese young fragility (junge Zerbrechlichkeit) sind aber nicht nur die jungen Arbeitsanfänger:innen selbst. Ihre Boomer-Eltern, die sich heute gerne über die zarte mentale Konstitution der Jüngeren aufregen, haben alles dafür getan, um Probleme von ihren Kindern fernzuhalten. Zu viele jüngere Menschen sind wohlbehütet, mit viel Elternlob und wenigen Einschränkungen zu Hause aufgewachsen. Im Mittelpunkt der elterlichen Gedanken stand eines: das vermeintliche Kindeswohl. Da können sich die Boomer auch nicht beschweren, wenn ihre Kinder ihr Wohl auch im Arbeitsalltag einfordern.
Die Auswirkungen auf die Wirtschaft werden sich bald zeigen. Viele Geschäfte, Betriebe und Handwerksbetriebe wird es bald nicht mehr geben. Heute muss man schon ewig lang warten, bis man einen Handwerker bekommt, der einem Schäden repariert oder Neues installiert. In wenigen Jahren wird es allgemein so sein, dass man sich – wie schon heute viele, die ein bisschen Geschick haben – auf Youtube Tutorials anschaut, wie man diese oder jene Handwerksarbeit selber machen kann.
Vielleicht lehrt das Leben auch manchen, der zu lieb zu sich selber ist, sich den Erfordernissen des Lebens anzupassen.