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von Niki Vogt
Ein Paukenschlag zur Eröffnung des Thüringer Landtages: Ein Chaos und Hickhack sondergleichen. Als ältester Abgeordneter eröffnete Jürgen Treutler mit einer Rede die erste Sitzung des Thüringer Landtages, wie es Brauch ist. Es ging schon mit seiner Rede los, die natürlich kritisch aufgenommen wurde. Es gab Zwischenrufe, die von undemokratischer Gesinnung und der AfD als demokratiefeindlicher Partei handelten.
In seiner einführenden Ansprache stellte Jürgen Treutler dazu klar, dass von einer angeblichen Abkehr des Volkes von der Demokratie keine Rede sein könne. Die Wahlbeteiligung in Thüringen sei mit 73,6 Prozent die höchste seit 1994 gewesen. Dem so geäußerten Willen des Volkes gelte es, nun gerecht zu werden. Dann aber deutete Jürgen Treutler an, dass es „in gewissen Teilen der politisch-medialen Elite eine offenkundige Verachtung des Volkes, eine Verachtung des demokratischen Souveräns, die mit der politischen Kultur der freiheitlich-demokratischen Ordnung nicht vereinbar ist“ gebe. Damit stellte er darauf ab, dass die Thüringer Wähler in Medienkommentaren als „demokratiefeindlich „beschimpft wurden.
Und auch die mediale Berichterstattung habe die Dinge so verdreht berichtet, dass der Leser denken musste, Altpräsident Jürgen Treutler sei derjenige gewesen, der die demokratische Ordnung mit Füßen getreten. Wer sich die ganze Geschichte einmal selbst ansieht, der wird erkennen, dass Herr Jürgen Treutler sogar sehr ruhig, besonnen und trotz aller Provokationen unaggressiv blieb. Immer wieder setzte er dazu an, seine Rede fortzuführen, kam aber kaum einen Satz weit. Um sein Präsidentenpult bauten sich die parlamentarischen Geschäftsführer auf, fuchtelten und gestikulierten. Da die die Übertragung teilweise ohne Ton war, konnte man nichts mehr hören – aber man hätte bei diesen tumultartigen Szenen sowieso nichts verstehen können.
Herr Treutler wurde persistent daran gehindert, seine Eröffnungsrede zu Ende zu bringen. Durch ständige Zwischenrufe vonseiten der CDU. Außerdem verlangte die CDU, dass die Beschlussfähigkeit des Landtags sofort festgestellt werde, und kündigte an, das zu erzwingen. Da dass aber sowieso als Punkt drei der Tagesordnung vorgesehen war, wird klar, dass es nur um Provokation um der Provokation willen ging und den alten Herrn „fertig zu machen“. Der blieb aber stur: „Als Alterspräsident bin ich verpflichtet, die geltenden Rechtsnormen strikt zu achten“, erwidert Treutler – und deshalb müssten zuerst Schriftführer benannt werden. Von der Reihenfolge könne nicht abgewichen werden. Noch sei man bei Tagesordnungspunkt eins, nämlich seine Rede. Als der „Altpräsident für einen Tag“ seine Rede fortsetzte, bezichtigte ihn der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion: „Was Sie hier betreiben, ist Machtergreifung.“
Eine unglaubliche Farce, eine Schande für die Demokratie
Die Sitzung wurde mehrfach unterbrochen und schuld war wieder nur die unmögliche AfD. Katja Wolf, die Fraktionsvorsitzende des BSW (Bündnis Sarah Wagenknecht) entsetzte sich:
„Es ist eine Katastrophe, wie die AfD die Demokratie am Nasenring durch die Manege treibt“
Immer wieder gab es Unterbrechungen, hauptsächlich von der CDU, der Landtag endete im Chaos. Die AfD pochte auf das alleinige Recht, als stärkste Fraktion das Vorschlagsrecht für das Amt an der Landtagsspitze wahrzunehmen. Weil es eben die pöhsepöhse AfD ist, die aus unerfindlichen Gründen tatsächlich die stärkste Fraktion ist, bestanden die anderen Parteien darauf, die Geschäftsordnung einfach zu ändern. Der Landtagspräsident solle „aus der Mitte des Parlamentes gewählt werden“ und es sollte schon im ersten Wahlgang entsprechende Vorschläge gemacht werden. Dagegen wehrte sich die AfD, weil schon klar war, dass man sie einfach mit neuen Regeln zur Seite schieben wollte.
Der Alterspräsident der AfD nutzt in missbräuchlicher Weise sein Amt, um einen angeblichen „Wählerwillen“ zugunsten der stärksten Fraktion festzustellen.
Weiß der Mann nicht, dass es Mehrheiten im Parlament bedarf?
— CDU Thüringen (@cdu_thueringen) September 26, 2024
Boris Reitschuster kommentiert die Vorgehensweise der Altparteien sehr gut. Es wird deutlich, dass das Ganze mit maximaler Bösartigkeit (unbedingt ansehen):
Dieser Tumult endete damit, dass die CDU nun das Thüringer Verfassungsgericht angerufen hat. Damit wollte man klarstellen, dass die AfD verfassungswidrig handelte. Und die AfD sollte als eine ungehobelte, undemokratische Bande darstellen. Dabei blamiert sich die CDU bis auch die Knochen. Es kommt nur Sperrfeuer von den Altparteien und leider auch von dem BSW, das sich leider in die Angriffsparteien der Altparteien einreiht. Es ging darum mit aller Macht einen Desaster zu schaffen und den Altpräsidenten maximal zu schikanieren. Schade, dass sich das BSW hierzu herunterlässt. Wer hier die Regeln der Demokratie verletzt, wird schon mehr als deutlich klar.
Denn die Größte Partei stellte nach alter Väter Sitte nach den Alterspräsidenten, der dann die konstituierte Sitzung leitet, wenn auch nur diese eine. Selbst das wollen sie nicht dulden. Sie wollten plötzlich die vorgesehen Abläufe der konstituierenden Sitzung des Landtags verändern. Der vorgeschriebene Ablauf erlaubt das nicht, aber sie wollten es durchdrücken, Dabei wurden die Mikrophone, wie Boris Reitschuster in seinem Kommentar dazu bemerkt, nur bei den AfD-Abgeordneten abgestellt und auch trotz Ordnungsrufen des Alterspräsidenten Treutler wurden die Mikrophone der Störer eben nicht abgestellt.
War der Eklat vorher geplant?
Eine geleakte Vollmacht legt den Verdacht nahe, dass das ganze Debakel bereits von vorneherein geplant war. Wie anders ist es zu erklären, dass Herr Mario Voigt (CDU-Fraktion Thüringer Landtag) schon vor dieser Sitzung eine Prozessvollmacht im Namen der CDU-Fraktion erteilt, und zwar an einen einen einschlägigen Rechtslehrer für genau diese Vorkommnisse, die sich in der Sitzung ereigneten. (Ob dieses Scheiben echt ist, kann ich nicht überprüfen, aber es kursiert im Netz und wurde bisher nicht widerrufen. es wurde von AUF1 ins Netz gestellt):
(Bild via Telegram)
Die Schweizer Neue Zürcher Zeitung – ein Leuchtturm der freien Meinung – rechnet mit den Altparteien ab
Die NZZ (Neue Zürcher Zeitung) schreibt einen bemerkenswerten Artikel dazu, der leider hinter der Bezahlschranke liegt, den aber alle kennen sollten. Diese Zeitung von Formatist keineswegs verdächtig, rechts zu sein, sie genießt vielmehr den Ruf, hochseriös zu sein und unparteiisch, allenfalls werden Meinungsartikel auch so gekennzeichnet, so auch hier. Aus der Reihe „der andere Blick“ unter dem Titel Turbulente Szenen im Thüringer LAndtag – so respektlos dürfen Demokraten nicht miteinander umgehen“ kritisiert die Autorin Fatina Keilani unverblümt das „zutiefst undemokratische Verhalten“ der Altparteien CDU, SPD, Linke und enttäuschenderweise auch BSW (Bündnis Sarah Wagenknecht). Es sei, so Frau Keilani, die Absicht der Altparteien gewesen, die die vom Volk als stärkste Partei gewählte AfD um ihre demokratischen Rechte zu betrügen, man versuchte sogar, den Altpräsidenten so zu provozieren, dass dieser die Beherrschung verliert und sich zu Rechtsbruch hinreißen lassen lässt. Und diese Provokateure hätten sich auch noch als „Hüter der Demokratie inszeniert“.
Die AfD, Wahlsieger in der Thüringen-Landtagswahl beanspruche mit Recht eine wichtige Rolle im parlamentarischen Prozess. Doch die anderen Parteien haben sich gegen den Wahlsieger zusammengetan und ständig der Positionen und Rechte, die der AfD rechtmäßig zustehen blockiert. Die konstituierende Sitzung sei in endlosen Unterbrechungen verwickelt worden und unmöglich gemacht. Fatina Keilani schildert diese andauernden und lauten Störungen vonseiten der CDU (siehe das Video oben) ein undemokratisches Manöver:
„Der Alterspräsident des neuen Landtags, Jürgen Treutler (AfD), hatte sich bis dahin streng nach Lehrbuch verhalten, kam allerdings nicht weit. Man erlaubte ihm zwar zunächst eine Rede zu beginnen, die er jedoch aufgrund von Störmanövern der CDU lange nicht beenden konnte.“
Jürgen Treutler sei ältester Abgeordneter und habe getreu den geltenden Regeln kommissarisch als Alterspräsident des neuen Landtags fungiert, bis der neue Präsident gewählt ist. In Rede zur Eröffnung der konstituierenden Sitzung stellte es fest, dass von einer „Abkehr des Volkes von der Demokratie“ keine Rede sein könne. Denn die Wahlbeteiligung in Thüringen sei mit 73,6 Prozent die höchste seit 1994 gewesen. Dem so geäußerten Willen des Volkes gelte es, nun gerecht zu werden. Dann aber stellte Alterspräsident Treutler fest, dass „in gewissen Teilen der politisch-medialen Elite“ jedoch eine „offenkundige Verachtung des Volkes, eine „Verachtung des demokratischen Souveräns, die mit der politischen Kultur der freiheitlich-demokratischen Ordnung nicht vereinbar ist“. Denn in Medienkommentaren wurden die Thüringer Wähler des Öfteren als demokratiefeindlich beschimpft, weil sie die AfD gewählt haben.
Die Medien waren davon aber nicht beeindruckt, sondern – im Gegenteil, die Schmutz-und-Schlamm-Schlacht wurde intensiviert. Wer die Berichte zu der Thüringer Landtagssitzung las, musste den Eindruck gewinnen, dass es die AfD war, die sich benommen habe, wie die Axt im Walde. Tatsächlich hatte sich die AfD in Personam Jürgen Treutler aber ruhig, besonnen, selbstbeherrscht und regelkonform verhalten. Die Altparteien plus BSW waren die Randalierer und Regelbrecher. Zwischendurch viel auch der Ton aus in der Übertragung der Sitzung. Aber schon das Bild des ruhig dasitzenden Alterspräsidenten umringt von wild gestikulierenden und fuchtelnden parlamentarischen Geschäftsführer der Parteien vermittelt eigentlich ein klares Bild davon, wer hier wen bedroht und schikaniert und niederzumachen versucht.
Die Demokraten gerieren sich als die Undemokratischsten
Frau Fatina Keilani ist empört, dass Jürgen Treutler immer weiter daran impertinent gehindert worden sei, seine Eröffnungsrede zu halten, indem laute Zwischenrufe und Unverschämtheiten das Weiterreden unmöglich machten. Gerade die Fraktion, „die sich als besonders demokratisch feiert, hat keine demokratischen Gepflogenheiten beachtet.“
Sie sieht eine ganz besondere Ironie darin, dass ausgerechnet die AfD, wiewohl sie vom Verfassungsschutz als „rechtsextremistisch“ und „demokratiefeindlich“ eingestuft wird, während der konstituierenden Sitzung als die Partei aufgetreten sei, die die demokratischen Prinzipien verteidigte. Im Gegensatz dazu hätten die anderen Parteien versucht, durch rechtliche Tricksereien, wie die Änderung der Geschäftsordnung, der AfD ihre rechtmäßigen Ansprüche zu verweigern. Frau Kelani schreibt:
„Die Geschäftsordnung könne aber von einem noch nicht beschlussfähigen Parlament nicht geändert werden. Der Versuch, die Regeln zu frisieren, zeige vor allem, dass jene, die sich für besonders demokratisch halten, es, wenn es darauf ankommt, mitunter nicht sind. (…) Der Donnerstag in Thüringen war kein guter Tag für die Demokratie“
Am heutigen Samstag kam die Entscheidung des Thüringer Verfassungsgerichtes. Es war zu erwarten: Im Großen und Ganzen gab das Gericht den Altparteien recht. Wenn auch mit einigen Verbiegungen. Aber die Altparteien haben nun Munition bekommen und glauben einen Sieg errungen zu haben, den sie gegen die AfD verwerten kann. Es ist ein Pyrrhussieg. Sie haben mit diesem durchsichtigen Spektakel nur noch Öl ins Feuer gegossen. Jeder, der sich das im Netz angeguckt hat, weiß jetzt, dass sich die Altparteien auf extrem unfaire und undemokratische Weise verhalten haben. Dass das Verfassungsgericht Thüringen da mitgespielt hat, ist sehr, sehr schade.
Sogar die Zeit schreibt recht offen zur Absicht der Parteien gegen die AfD:
„Sie wollten der AfD, die in Thüringen vom Landesverfassungsschutz als erwiesen rechtsextremistisch eingestuft ist, das Spitzenamt im Parlament nicht überlassen. Doch so weit kam es nicht.“
Die Presse sprang natürlich sofort darauf an. Landauf, landab wurde die AfD Fraktion als ungehobelte Rüpel dargestellt, die die Demokratie kurz und klein schlagen und eine Schande für einen demokratischen Rechtsstaat. Man sieht in der Aufzeichnung, dass Altpräsident Treutler sogar aufgefordert wurde, die Sitzung zu unterbrechen, anderen Stellen gar keine andere Wahl hatte.
„Er reagierte auf Anträge der anderen Fraktionen, zumindest die Beschlussfähigkeit festzustellen, mit immer neuen, langen Unterbrechungen. Treutler weigerte sich, Abgeordneten das Wort zu erteilen. „Ich entziehe Ihnen das Wort“, ging er etwa Bühl an. Die erste Sitzung des Thüringer Landtags knapp vier Wochen nach der Wahl wurde damit zum erwarteten Politikspektakel und einem Tauziehen zwischen einer AfD, die erstmals in Deutschland die stärkste Fraktion stellt, sowie CDU, BSW, Linke und SPD auf der anderen Seite.“
Es war wirklich kein guter Tag für die Demokratie, das ist wohl wahr. Und das Verhalten der Altparteien war zum Fremdschämen. Sie haben sich damit keinen Gefallen getan. Die Quittung werden sie bekommen. Freude haben sie mit ihrem unterirdischen Verhalten nur bei den strammen AfD-Hassern hervorgerufen. Dieser Auftritt wird so manches alte, treue Parteimitglied vergrätzen.
Kommentar von Frank Lübberding (Tichys Einblick)
Was für ein peinliches Schauspiel, das sich der Landtag zu Thüringen unter Regie der CDU da geleistet hat: Statt sich an Recht und Gesetz zu halten wurde gestritten wie sonst nicht einmal bei der Wahl eines Schülersprechers der Unterstufe eine Gymnasiums. So beschädigen sich selbsternannte Demokraten.