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von Niki Vogt
Fünf Jahre musste der Australier Julian Assange in dem Hochsicherheitsgefängnis HMP Belmarsh in London in einer kleinen Zelle verbringen und gegen seine Auslieferung in die USA kämpfen. Dort wäre er sicher lebenslang eingekerkert, wenn nicht sogar zum Tode verurteilt worden. Denn er hatte es gewagt, der Weltmacht Nummer 1 die ach-so-moralische Maske herunterzureißen: Seine Organisation WikiLeaks veröffentlichte geheime Militärdokumente aus den Kriegen der USA in Afghanistan, Irak und viele geheime diplomatische Dokumente. Die USA wollte deswegen seine Auslieferung erzwingen und ihn wegen Spionage und Geheimnisverrat vor Gericht stellen.
Ein Deal und die Vermeidung von Ansehensverlust für die USA
Doch die Welt stand auf der Seite Julian Assanges. Die USA mussten zur Kenntnis nehmen, dass sie einen internationalen Rufschaden davon tragen würden, wenn sie diesen Mann wie einen Schwerverbrecher behandeln. Aufgrund der vielen internationalen Proteste konnte Julian Assange im Juni 2024 eine Einigung mit dem US-Justizministerium erreichen. Er wurde aus der Haft entlassen als freier Mann, weil er sich der Veröffentlichung von Militärgeheimnissen schuldig bekannte. Im Gegenzug wurde er zu fünf Jahren und zwei Monaten Haft verurteilt, was genau der Zeit im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in London entsprach – und damit als abgesessen galt.
Was heute die Wenigsten noch wissen: Es war nicht nur Assange allein, der diese Leaks an die Öffentlichkeit brachte und in der Welt Entsetzen über die Taten der USA auslöste. Diese Veröffentlichungen der Militärgeheimnisse der USA wurden damals in der New York Times, dem Guardian und dem Spiegel gedruckt und die Welt war geschockt. Nur wurden diese Medien (damals noch mutig und echter Journalismus) natürlich nicht verfolgt und bestraft.
Unvergessenes Zeugnis US-Amerikanischer Brutalität: Das berüchtigte Helikoptervideo
Das unglaublich grausame Video von vor 14 Jahren im Irak, aufgenommen von der Bordkamera eines US-Helikopters zeigt, wie die Besatzung über der Stadt fliegt und dort Menschen abknallt wie beim Hasenschießen. Noch schrecklicher: Die beiden US-Soldaten im Hubschrauber tun das lachend und mit Freude, nennen die um ihre Leben rennenden Männer Bastarde, folgen ihnen und warten ungeduldig auf die Freigabe über Funk zum Töten. Sogar die eintreffenden Sanitäter nehmen sie unter Feuer. Die Opfer waren unter anderem die Reuters-Journalisten Saeed Chmag und Namir noor-Eldeen und 12 irakische Zivilisten.
Julian #Assange wurde unter anderem verfolgt, weil er dieses Video veröffentlichte. D as Filmmaterial zeigt, wie ein US-Apache-Hubschrauber das Feuer auf eine Gruppe von Menschen eröffnet. Bei diesem Feuerüberfall wurden die Reuters-Journalisten Saeed Chmagh und Namir Noor-Eldeen… pic.twitter.com/fJfbHdchGD
— Max Otte (@maxotte_says) June 25, 2024
Übrigens: Das „ZDF Heute-Journal“ spricht von dem Video oben als „mutmaßliches Kriegsverbrechen“.
Niemals vergessen: Weil Julian Assange dieses Dokument der Schande an die Weltöffentlichkeit brachte, musste er sich 14 Jahre in der Equadorianischen Botschaft in London verstecken, bis er mit Gewalt von der britischen Polizei dort heraus-entführt und in London vor Gericht gestellt wurde.
Erster Auftritt Assanges nach jahrelanger Haft
Nach fast zwanzig Jahren in Unfreiheit, erst im equadorianischen Botschaftsasyl und dann im Hochsicherheitsgefängnis zeigte sich Julian Assange jetzt am Dienstagmorgen in einem öffentlichen Auftritt vor dem parlamentarischen Menschenrechtsausschuss (PACE) des Europarates in Straßburg. Sichtlich gealtert, aber ungebrochen und wieder in besserer Verfassung warnte er, dass die „Kriminalisierung der Nachrichten- und Informationsbeschaffung eine ernste Bedrohung für den investigativen Journalismus“ sei.
Da muss man einfach anmerken: Der Mann hat unbedingt recht. Das gilt nicht nur für solche brisanten und spektakulären Dinge wie amerikanische Kriegsverbrechen. Das gilt zum Beispiel auch für die Verletzung der universalen Menschenrechte in der Coronazeit, in der nicht nur das Recht, sich frei zu bewegen immer wieder monatelang stark eingeschränkt wurde, sondern auch für die geistige und körperliche Unversehrtheit, die schwerwiegend millionenfach beschädigt wurde. Heute wissen wir, dass die „Eindämmungsmaßnahmen“ eher geschadet, als genutzt haben, dass die Masken immer noch Schäden nach sich ziehen, weil niemand hinterfragte, warum wohl FFP2-Masken nicht länger, als nur kurze Zeit getragen werden dürfen – in dieser Zeit aber ständig und überall. Heute wissen wir auch , dass die mRNA-Spritzen viele Todesopfer gefordert und noch viel mehr Menschen schwer geschädigt haben, vielleicht lebenslang – sowie mehrere Jahre lang nicht unerheblicher Zwang ausgeübt wurde, sich diesen potenziell hoch schädlichen, ja lebensgefährlichen Injektionen zu unterziehen.
Assanges Forderung: Besserer Schutz für Journalisten!
Julian Assange war der Auftritt in Straßburg wichtig. Er kam aus Australien nach Straßburg angereist, um vor dem Menschenrechtsausschuss (PACE) des Europarats zu sprechen.
Julian Assange begann seine Rede mit den Worten: „Ich möchte mich klar ausdrücken. Ich bin heute nicht frei, weil das System funktioniert hat. Ich bin heute frei, nachdem ich jahrelang inhaftiert war und mich des Journalismus schuldig bekannt habe. Ich habe mich schuldig bekannt, Informationen von einer Quelle eingeholt zu haben.“
Assange zog auch Parallelen zu den heute aktuellen Geschehnissen, denn er sieht heute ein „ähnliches Phänomen“. Die politische und geopolitische Strömung der ideologisch eingebundenen, großen Medienorganisationen und -häuser gebe dem Journalismus heute vor, dass nur über bestimmte Dinge berichtet wird und nur bestimmten Opfern Empathie und Mitgefühl zugestanden wird. Als Beispiel nannte er Gaza und die Ukraine. „Das ist ein Bruch der journalistischen Solidarität. Wir müssen alle zusammenhalten […]. Die Journalisten, die irgendwo zensiert werden, verbreiten die Zensur, die sich dann auf uns alle auswirken kann. Ebenso brauchen Journalisten, die von Geheimdiensten getötet oder ins Visier genommen werden, unser entschlossenes Engagement.“
„Ich wurde von einer ausländischen Macht formell verurteilt, weil ich wahrheitsgemäße Informationen über diese Macht angefordert, erhalten und veröffentlicht habe, während ich in Europa war.“ berichtet er im Rückblick. „Ich habe mich des Journalismus schuldig gemacht.“ Das sei das Grundproblem in seinem – und in vielen anderen Fällen – dass Journalisten nicht für ihre Arbeit verfolgt werden sollten. Das Gebot für Journalisten, das Berichten von „Dem, was ist“ müsse an erster Stelle stehen.
Dabei müsse man zwischen Aktivisten und Journalisten schon eine Grenze ziehen. Im Gegensatz zu Aktivisten, deren Absicht und Triebfeder es ist, einer ganz bestimmte Agenda zu dienen, während der Journalist eben unvoreingenommen sein und eine saubere, penible Recherche betreiben muss. Primärquellen seien das A und O. Doch einen Bereich gebe es, in dem er, Assange, selber Aktivist sei: „Journalisten müssen Aktivisten für die Wahrheit sein.“
Statt dafür anerkannt zu werden, musste er sich fast 20 Jahre verstecken, um dann doch noch in ein Gefängnis gesperrt zu werden und das jahrelang. Seine Gefängniszelle in Belmarsh bezeichnete er als „Verlies“. Er sprach auch darüber, welche Auswirkungen so etwas auf Psyche und Körper hat:
„Die Erfahrung der jahrelangen Isolation in einer kleinen Zelle ist schwer zu vermitteln. Sie entzieht einem den Sinn für das eigene Ich, sodass nur die rohe Essenz der Existenz übrig bleibt. Ich bin noch nicht ganz in der Lage, über das zu sprechen, was ich durchgemacht habe. Der unerbittliche Kampf ums Überleben, sowohl körperlich als auch geistig.“
Dass das wirklich so ist, bemerkte man auch an seiner Sprache. Julian Assange entschuldigte sich, dass er so unsicher spreche. Er versuche immer noch, sich wieder anzupassen. „Wenn meine Worte stockend werden (…) liegt es daran, dass die Jahre der Isolation ihren Tribut gefordert haben. (…) Ich versuche, sie zu überwinden.“
Die Redefreiheit in Europa ist zum Privileg weniger geworden
Für das Grundrecht der Redefreiheit sehe es in Europa düster aus, sagt Julian Assange. Wenn Europa eine Zukunft haben soll, dürfen Redefreiheit und die Freiheit, die Wahrheit zu veröffentlichen, keine Privilegien für nur einige wenige sein, sondern für alle gelten, appellierte Assange. Dieses Grundrecht müsse ein „garantiertes Recht für alle“ sein. Europa müsse dringend handeln, „damit das, was in meinem Fall geschehen ist, nie wieder jemand anderem passiert.“
Für Assange steht das „Recht auf freie Meinungsäußerung und alles, was damit zusammenhängt, an einem dunklen Scheideweg.“
Ob seine Worte hier in Deutschland in den Ohren Gehör finden, an die sie gerichtet sind?