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von Niki Vogt
Der große Bruder schläft nicht. Nachdem die „Hassrede“ als Straftatbestand in das Denken der Bürger implantiert worden ist, werden jetzt die Werkzeuge zur Dingfestmachung im Netz geschliffen. Nicht, dass hier echten Drohungen, bösartigen Hetzern und lügnerischen Verleumdern das Wort geredet werden soll. Nur wird die „Hassrede“ mittlerweile inflationär für alles, was politisch nicht korrekt ist, bemüht. Von einfachen Unverschämtheiten über Kritik an LBQT bis zu harmlosen Witzen über beispielsweise ein bestimmtes, großes, asiatisches Volk, das angeblich kein „R“ sprechen kann, ist alles mögliche schon strafbar, was vor zehn Jahren noch niemanden aufgeregt hat. Und diejenigen, die sich als Schaumkrönchen des PC-Zeitgeistes fühlen, denunzieren gern im Hochgefühl ihrer Rechtschaffenheit.
Sogar zornige Kritik an den überzogenen Covid-Eindämmungsmaßnahmen fällt schon darunter. „Die Pandemie ist ganz offensichtlich ein Nährboden für extremistische Verschwörungsideologien und für Hass und Hetze. Das sind keine Hirngespinste, sondern eine neue Gefährdungslage“ warnt der Vorsitzende der Innenministerkonferenz Thomas Strobl. Der normale, friedliche Bürger verliert so langsam die Übersicht über all die neuen Gefährdungslagen, die selbstverständlich alle eine weitere Einschränkung seiner Freiheiten und Rechte dringend erforderlich machen. Hassrede, Terrorismus, Klimawandel, Corona, Kinderporno, Bandenkriminalität, Rassismus, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit … all das muss entschieden bekämpft werden und dazu müssen halt diese und jene und noch mehr Beschränkungen, Überwachung und Strafen her. Und der Bürger versucht, sich noch irgendwie durch sein Leben zu wursteln, wie ein Ratte im Labyrinth der Maßregelungen und Überwachungen.
Nun soll es also auch noch eine Identifizierungspflicht in sozialen Netzwerken geben, damit auch niemand durch die Maschen der Überwachung schlüpfen kann. Das ist im Prinzip eine Ausweispflicht durch die Hintertür. Bundesinnenminister, Herr Horst Seehofer, hatte das ja mit der Novelle des Telekommunikationsgesetzes schon versucht, aber eine Online Ausweispflicht sollte nicht kommen, Voilá, da kommt sie im Prinzip eben doch.
Die Innenminister der deutschen Bundesländer haben sich bei ihrer Frühjahrskonferenz vor ein paar Tagen nun darauf geeinigt, eine „Login-Falle“ zur Identifizierung „anonymer Hetzer“ einzuführen. Um diese zu erwischen und ihrer Strafe zuzuführen, müssen die Anbieter Sozialer Netzwerke eng mit der Polizei kooperieren. Sie müssen die IP-Adressen des anonymen Hetzers ermitteln, sobald dieser sich wieder auf dem Netzwerk anmeldet.
Das passiert dann, wenn es Beschwerden anderer Nutzer gibt oder der Provider selbst solche Hasspostings meldet. Beim nächsten Login der fraglichen IP-Adresse schnappt die Falle zu. Die Polizei erhält die PI-Adresse, kann diese mit den Bestandsdaten der Provider abgleichen und dann hat man den Übeltäter.
Meistens jedenfalls. Es sind aber, so moniert Herr Pistorius, leider noch nicht samt und sonders alle Plattformen vom NetzDG erfasst. In der Bundespressekonferenz sagte Herr Pistorius:
„Leider gibt es auch 2021 noch keine verlässlichen Werkzeuge, um Verfasser strafbewährter Hetze verlässlich ermitteln zu können. Wir wollen entsprechend des Beschlusses gemeinsam daran arbeiten, das zu ändern. Das NetzDG umfasst nicht alle Bereiche und nicht alle gängigen Plattformen. Auch die Identifizierung von einzelnen Nutzern ist nach wie vor schwierig. Wir befürworten darum eine Identifizierungspflicht, aber – um das noch einmal klarzustellen – keine Klarnamen-Pflicht. Eine weitere Möglichkeit, die auch ohne die Identifizierungspflicht greifen würden, wären sogenannte ‚LOGIN-Fallen‘.“
Es gibt also noch freie Bereiche, in denen man relativ unangefochten äußern kann, was man will, ohne verhaftet zu werden. Das kann nicht angehen, mäkelt der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD). Man werde zu diesem Behufe „mögliche weitere Schritte“ diskutieren. Wer hätte das gedacht. So heißt es beispielsweise in den Bericht aus der Innenministerkonferenz:
„Die Möglichkeiten der Digitalisierung und die Grenzen des Datenschutzes sind unter dem Blickwinkel des Krisenmanagements zu beleuchten. Dazu gehört der Aufbau eines intelligenten, grenzübergreifenden und internationalen Frühwarnsystems, auf dessen Grundlage Handlungsbedarf entsprechend abgeleitet werden kann und das mit einem 360-Grad-Lagebild wie ein ganzheitliches Radargerät funktioniert.“
Hier wird ziemlich deutlich, dass der gefeierte Datenschutz weitgehend vom Staat ausgehebelt wird, denn es ist ja Krise, und „die nächste Krise kommt bestimmt“. Dazu gibt es dann das „360-Grad Lagebild“ … Welch schöne Umschreibung für eine globale Totalüberwachung.
Dass es der Politik extrem wichtig ist, jegliche Kritik an den Corona-Eindämmungsmaßnahmen mit diesen Überwachungs- und Zensurmaßnahmen abzuwürgen, wird auch in der Bundespressekonferenz deutlich. Der Staat, seine Einrichtungen und Institutionen dürfen nicht in Frage gestellt werden, mein Herr Strobl. Warum nicht? Leben wir nicht in einer Demokratie, wo das Volk, also die Bürger, der Souverän ist und angesichts der vielen Skandale von Politikern und Institutionen durchaus Grund hat, Fragen zu stellen?
Offensichtlich darf er nicht. Seit Ende April dieses Jahres, teilt Herr Strobl mit, gibt es im Verfassungsschutzverbund einen neuen „Phänomenbereich“, der sich bundesweit mit Organisationen und Gruppierungen beschäftigt, die das Ziel verfolgen, den Staat und seine Einrichtungen bzw. Institutionen in Frage zu stellen.
Noch so ein Gebiet, das die Überwachung und Zensur zu bearbeiten hat, noch eine weitere Verengung der Labyrinthgänge für die kleine Ratte „Bürger“. Und das ist noch lange nicht alles, dürfen wir lernen. Denn, so heißt es aus der Innenministerkonferenz:
„Die Corona-Pandemie ist die heftigste Gesundheits- aber auch Wirtschafts-, Gesellschafts- und Kulturkrise seit der Nachkriegszeit. Deutschland ist relativ gut durch diese Krise gekommen. Aber es gab Rückschläge und eine Pandemie kann sich in einer globalen Gesellschaft jederzeit wiederholen. Der Klimawandel bringt neue Herausforderungen. Die zunehmende Digitalisierung macht uns verwundbar. Kurz: Die nächste Krise kommt bestimmt. Wir werden uns künftig auf komplexere Gefahrenlagen einstellen müssen. Wir müssen uns besser darauf einstellen, außergewöhnliche Ereignisse mit unkonventionellen Mitteln in professionellen Strukturen zu bewältigen!“
Die nächste Krise kommt bestimmt, und wir haben gelernt, dass die Politik bestimmt, was eine Krise ist. „Komplexere Gefahrenlagen“ ist ein schöner Ausdruck, der uns schon ankündigt, dass die Minenfelder für uns Bürger noch unübersichtlicher, noch größer und noch dichter bestückt werden. Wir werden uns nirgends mehr sicher fühlen, noch weniger dürfen, noch mehr müssen und immer schön aufpassen, dass wir nicht in irgendeine der Zensur- und Überwachungsfallen tappen, ohne es zu ahnen. Denn die Politik hat vor, mit „unkonventionellen Mitteln“ (außerhalb des gesetzlichen Handlungesrahmens?) in „professionellen Strukturen“ (neue Geheimdienste? Paramilitärische Spezialeinheiten?) gegen alles vorzugehen, was sie als „Gefahrenlage“ definiert.
Login-Fallen sind erst der Anfang.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf der Seite „DieUnbestechlichen.com„