YouGov Umfrage – Europäer sehen Migration als größte Bedrohung

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von Niki Vogt

Sehr viele Umfragen lassen das ungute Gefühl aufkommen, dass der, der sie bestellt hat, auch einen Einfluss auf das Ergebnis hat. Die ermittelten Zahlen stehen zu sehr im Gegensatz zur eigenen Erfahrung. Gut, das kann sein, weil man natürlich schon in einer gewissen „Blase“ lebt. Aber nicht dauernd und mein persönlicher Bekanntenkreis ist doch sehr heterogen.

Umfragen von YouGov dagegen spiegeln recht gut wider in der Gesellschaft wahrnimmt., was man auch als aufmerksamer Zeitbeobachter in der Gesellschaft wahrnehmen kann. Das YouGov Demoskopieinstitut agiert weltweit und scheint sich wenig um political correctness zu scheren. Schon die Fragestellungen sind weniger manipulativ formuliert. Das zeigt sich einmal wieder bei der neuesten Umfrage: 21.799 Menschen aus 13 EU-Staaten (inklusive Großbritannien) wurden befragt. Durchschnittlich 21 Prozent davon wählten bei der Frage, was in ihren Augen die größte Bedrohung für ihre Sicherheit und ihr Land sei, die Migration, also die Einwanderung von Flüchtlingen, Asylbewerbern und Migranten.

Dabei spielt allerdings die spezifische Situation in den einzelnen Ländern eine sehr große Rolle. Wenig überraschend steht Griechenland, das unter den Schikanen des türkischen Regierungschefs Recep Tayyip Erdogan an vorderster Front zu leiden hat, mit 64 Prozent an der Spitze. Die Situation auf den Inseln an der Grenze zur Türkei ist für die Griechen unerträglich. In Deutschland sind es aber auch schon 24 Prozent, die die Einwanderung als größte Sicherheitsbedrohung empfinden. Auch das ist wenig verwunderlich. Zwar ist der Andrang nicht so dramatisch sichtbar und zu spüren, wie in Griechenland, aber da Deutschland das Wunschland der meisten Migranten ist, ist die Zuwanderung auch entsprechend hoch. Und die Befürworter der Migration wohnen selten in den Brennpunkten und den Stadtteilen, in denen die Einwanderer in der Überzahl sind. Daher findet man in den Kreisen der Besserverdiener eher diejenigen, die im Klimawandel die größere Bedrohung erblicken und in der Gesellschaftsschicht, die in direktem Kontakt zu Einwanderern lebt, diejenigen, die ein dadurch Bedrohungen erleben.

Würde man die Umfrage ausschließlich in den gepflegteren Wohngegenden machen, läge der Prozentsatz bei dieser Frage wahrscheinlich deutlich unter zehn Prozent, in den von Migration geprägten Stadtteilen wahrscheinlich deutlich über 50 Prozent (bei den Deutschen). Insofern gibt der Durchschnittswert auch nur ein ungefähres Bild.

Den Grünen und Greta-Jüngern dürfte es sicher nicht gefallen, dass der Klimawandel ausgerechnet bei den so umweltbewussten Deutschen nur von 16% als größte Sicherheitsbedrohung wahrgenommen wird. Interessanterweise liegen in Europa die Polen dabei ganz vorne. Da sich die Regierungen Osteuropas, die Visegradstaaten, bisher in Fragen Migration erfolgreich und stur gewehrt haben, der Erpressung Brüssels nachzugeben und Quoten von Migranten aufzunehmen, empfindet man dorten logischerweise die Einwanderung auch als wesentlich weniger bedrohlich. Die Polen sind also empfämglicher für Bedrohungen, wie den Klimawandel.

Die 16% Klimaverängstigten dürften sich wahrscheinlich hauptsächlich in der Gruppe der unter Dreißigjährigen finden. Insofern fällt der Bevölkerungsschwund in Deutschland den Betreibern der Klimawandel-Politik logischerweise auf die Füße: Zu wenig junge Deutsche, die um das Klima barmen – und die Eingewanderten interessiert das Klima nicht.

Terror verängstigt im Durchschnitt 13 Prozent der Europäer. Hier bilden die Franzosen mit 23 Prozent die Spitze, was zu einem nicht geringen Teil dem entsetzlich grausamen Massaker im Bataclan zuzuschreiben sein dürfte. Auch die Briten, die zwar schon am regelmäßige Terroranschläge gewohnt sein sollten, sie dennoch offenbar immer noch nicht mögen, kürten „Terror“ mit 21 Prozent der Stimmen zu größten Sicherheitsbedrohung ihres Landes.

Interessant: „Der Russe“ hat als Schreckgespenst ziemlich nachgelassen. Mit neun Prozent Angstpotenzial für die Europäer fällt er hinter Einwanderung (21%), Klimawandel (17%), Terrorismus (13%) und Chinas Macht und Einfluss (10%) blamabel auf Platz fünf. Die USA sollten doch eigentlich mit ihrem zum Horrorpopanz aufgebauten Präsidenten Trump auf den ersten drei Plätzen liegen, schaffen es aber nur auf den sechsten Platz mit 7%, ein schwacher Trost für den downgegradeten „Russen“. Dahinter kommen nämlich nur noch der abgehalfterte Klassiker „Kernwaffen“ mit 6% sowie der Joker „Etwas anderes“ mit 4% und dann die unvermeidliche Gruppe der frischgeborenen, hilflosen Bambis, die mit großen, braunen Kulleraugen „weiß nicht“ sagen.

Da fragt doch eine notorische Nörglerin, wie ich, angesichts des Zeitraums der Umfrage (April 2020) Wo, bitte, bleibt da die tödliche Corona-Pandemie? Dümpelnd hinter „Weiß nicht“? Und das nach dem Lockdown? Immerhin lässt sich daraus ableiten, dass YouGov nicht von Bill Gates finanziert zu sein scheint.

Entsprechend den Einschätzungen der Gefahren, die man „vom Russen“ und militärisch „vom Chinesen“ befürchtet, sind im Schnitt auch nur noch 20 % der Europäer der Meinung, die NATO sei wichtig für die Verteidigung, wobei die Deutschen und die Schweden am allerwenigsten Vertrauen in die Verteidigungspolitik ihres eigenen Landes haben. Nun, bei näherer Betrachtung muss das nicht unbedingt ein Widerspruch sein. Man kann durchaus der Meinung sein, dass weder „der Russe“ noch „der Chinese“ ein Interesse an einer militärischen Auseinandersetzung mit Europa hat, was zur Zeit sicher realistischer ist, als diverse Doktrinen der NATO, die ständig dem „bösen Russen“ Invasionsabsichten unterstellen. Gleichzeitig macht man sich aber auch keine Illusionen über die Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr oder der schwedischen Armee (Försvarsmakten), die hauptsächlich eine Verwaltungsbehörde ist. Schweden verfügt immerhin über Dreiunddreißigtausend Soldaten. Die Bundeswehr, ein nachgeordneter Geschäftsbereich des deutschen Bundesministeriums der Verteidigung (das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen), verfügt über einhundertdreiundachzigtausend „soldatische Dienstposten“, das sind nicht alles Soldaten, die kampfbereit sind und viele davon sind gar nicht besetzt.

„Der Russe“ verfügt über rund eine Million Soldaten.

China verfügt über mehr als zwei Millionen Soldaten.

Die NATO verfügt auf dem Papier über 3,8 Millionen Soldaten.

Aber die USA sind weit weg und rechnet man die Türkei mit 1,4 Millionen Soldaten heraus, die wahrscheinlich im Falle eines Falles nicht mitmachen würden gegen Russland, sieht das nicht gut aus für die NATO. Sollten China und Russland wirklich über Europa herfallen wollen, wäre das kein größeres Problem für sie. Insofern ist die Einschätzung der 20% NATO-Skeptiker relativ nüchtern.

Es lohnt sich, mal auf der YouGov-Umfragenseite zu stöbern. Die Umfrageergebnisse sind anscheinend das Glaubwürdigste, was es auf dem Demoskopie-Markt so gibt. Es sind wohl echte Zahlen. In der DDR gab es den Begriff der „politischen Zahl“ – also so etwas, wie die „umstrittene“ Teilnehmerzahl der Demonstration am 01. August in Berlin. Denn mehr als „eine Millionen Teilnehmer“ wäre eine politische Aussage gewesen, die nicht stattfinden durfte. Und die meisten Umfragen sind politisch eingefärbte Zahlen.