Kann das Elektroauto die Umwelt retten? Eine WDR-Doku zerstört den Mythos

Niki Vogt auf Telegram folgen

von Niki Vogt

Dem Benziner und Diesel geht es an den Kragen. Eher über kurz als über lang werden die Verbrenner fossiler Energie nicht mehr fahren dürfen. Obwohl die Technologie der Katalysatoren sehr weit fortgeschritten ist und Experten bisweilen plakativ sagen, dass aufgrund der Filter- und Katalysatorentechnik die Luft, die in manchen Städten herrscht, sauberer aus dem Auspuff wieder rauskommt, als sie durch den Kühler hereingekommen ist, wird das Elektroauto gehypt und als DIE Technik der Zukunft gefeiert.

Was die Feinstaub- und Stickoxidmessungen anbetrifft, sind Zweifel erlaubt. Die meisten Messstationen ergeben vollkommen unauffällige Werte, die sich innerhalb des als unbedenklich geltenden Rahmens bewegen. Es werden allerdings in der Diskussion gern die Stickoxid- und Feinstaubwerte ins Feld geführt, die an sehr stark befahrenen Straßen gemessen werden. Dabei kann es dann zu sehr peinlichen Ergebnissen führen, wie im Oktober 2018 in Oldenburg geschehen. Eine normalerweise sehr befahrene Straße wurde schon im Vorfeld für einen Marathonlauf gesperrt. Die Nordwestzeitung schreibt:

Wegen des Oldenburg-Marathons war die Innenstadt von morgens bis zum Nachmittag für den Verkehr gesperrt. Und was zeigte die Messstation am Heiligengeistwall an? Einen Mittelwert von 37 Mikrogramm ermittelte die Station (also knapp unter dem Grenzwert). Der Maximalwert lag bei 54 Mikrogramm (nach dem Marathon).

Das Ergebnis der Messungen an einem fast autofreier Sonntag: Eine deutliche Überschreitung des Grenzwertes von 40 µg/Kubikmeter Luft. Der maximale Wert lag bei 54 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft, kurz nachdem dem Vorbeilauf der Marathonläufer an der Messstation. Können Menschen so viel Stickoxid ausatmen? Wohl kaum. Die Sache machte damals Schlagzeilen, geriet aber in Vergessenheit, ein kleiner Lapsus eben, der nichts am hehren Ziel ändert.

Nun ist der Verbrennungsmotor sicher nicht das Ideal. Es ist schon richtig, dass das Verbrennen von Erdöl nicht der Menschheit letzter Schluss sein kann. Es wird sicher sehr gute, neue Technologien geben. Aber ist das Elektroauto wirklich der Erlöser? Es wird sicher eine wesentlich bessere Technologie gefunden werden, die wirklich zukunftsweisend sein wird.

Erinnern wir uns an die „Energiesparlampe“, die gefeiert wurde, als sei sie die Rettung des Planeten. Als dann publik wurde, welche Umweltschäden die Gewinnung des Quecksilbers in China und Afrika verursacht, welche giftigen Dämpfe eine Energiesparlampe schon beim normalen Betrieb verbreitet – und welche Vergiftungsgefahr von einer zerbrochenen Energiesparlampe ausgeht, die man dann als Sondermüll entsorgen musste … da hieß es plötzlich, das sei halt nur eine „Brückentechnologie“ gewesen. Die Energiebilanz der wunderbaren Energiesparlampe entpuppte sich als sehr geschönt. Sie berücksichtigte nämlich in ihrer Rechnung nicht den Energieaufwand der Gewinnung des Quecksilbers und den Transport zu den Herstellern der Lampen. Außerdem war das Lichtspektrum schlecht für die Augen.

Doch wie sieht es denn beim Elektroauto aus?

Hier gibt es eine sehr gute Dokumentation des WDR, der sich hier einmal ausnahmsweise ohne ideologische Brille mit dem Vergleich Benziner/Diesel versus Elektroauto beschäftigt.

Begleittext:

Sind E-Autos DIE Lösung gegen schlechte Luft und Klimawandel? Unsere Doku „Kann das Elektroauto die Umwelt retten?“ war 2019 eine erste Antwort darauf und wurde kontrovers diskutiert. Hier nun die aktuellen Zahlen zur Klimabilanz von E-Autos, die Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung für uns berechnet haben.

Außerdem haben wir uns die Produktion des ersten deutsche Autos für den Massenmarkt, des VW ID.3,  unter die Lupe genommen. Volkswagen hat angekündigt, ihn klimaneutral herzustellen. Ist das überhaupt möglich?

Wichtige Teile der ersten Doku finden sich in diesem Update wieder. So ist nach wie vor die Batterieherstellung ein Problem. Die Batterie ist mit mehreren hundert Kilo Gewicht das größte Bauteil eines Elektro-Autos. Ein unverzichtbarer Bestandteil der Batterie ist Lithium, ein Metall, für dessen Förderung fragile Ökosysteme in Südamerika zerstört und der dort lebenden Bevölkerung Land und Wasser geraubt wird. Die Autoren haben vor Ort recherchiert und zeigen die negativen Auswirkungen des Lithium-Booms.

Für die Herstellung von Elektroautos werden neben Lithium viele weitere Rohstoffe gebraucht, bei deren Gewinnung ebenfalls die Umwelt zerstört wird. Forscher des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie haben errechnet: Die Umweltbelastung durch alle bei der Herstellung verwendeten Materialien ist bei der E-Mobilität im Vergleich zu Autos mit Verbrennungsmotoren doppelt so hoch.

Das bedeutet allerdings keineswegs, dass Autos mit Verbrennungsmotor die bessere Alternative sind. Am besten sind neue Mobilitätskonzepte. Und unter bestimmten Bedingungen können auch E-Autos ein Beitrag zum Klimaschutz sein. Hier der Link zur Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung mit den aktuellen Zahlen zur Klimabilanz von E-Autos: https://www.isi.fraunhofer.de/content…

KORREKTUR: Bei Minute 30:17 min ist uns ein Fehler unterlaufen. Hier heißt es: „100 Bäume binden während ihres Lebens bis zu einer Tonne des Treibhausgases.“ Richtig ist, dass 100 Bäume während eines Jahres ca. eine Tonne des Treibhausgases binden. Auch der nachfolgende Satz „Bei 12 Tonnen CO2 pro Auto müsste VW für jedes Fahrzeug also 1.200 neue Bäume pflanzen.“ ist damit nicht korrekt. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen. Die Tatsache, dass VW gar nicht aufforsten, sondern lediglich existierenden Baumbestand schützen will, ist weiterhin korrekt dargestellt.