Vetternwirtschaft, Freunderl-Postengeschacher: Das Regierungsschiff von Österreichs Kanzler Kurz in schwerem Wetter

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Bild: Hintergrund Pixabay, Sebastian Kurz: Wikimedia Commons, Bildquelle: www.kremlin.ru, Bildlizenz: CC BY 3.0, Bildkomposition: Niki Vogt

von Niki Vogt

Die Ibiza-Affäre zieht immer weitere Kreise. Erst nach getanem Schaden zeigte sich, dass das Video gegen die FPÖ-Politiker Gudenus und Strache böswillig und verfälscht zusammengeschnitten war und dass es wie sauer Bier überall zum Kauf angeboten wurde. Dann sagte der Initiator des Belastungsvideos aus, dass der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz in Kokainparties verwickelt war, und jetzt wurden im Zuge der Aufklärung des Ibiza-Videos auch noch Chats gefunden, die zeigen, dass der Kanzler einen uferlosen Postenschacher mit seinen Günstlingen betrieben hat. Nun stehen Strafanzeigen im Raum.

Der in Österreich spöttisch „Wunderwutzi“ genannte Sebastian Kurz, konnte sich geschickt ins Kanzleramt katapultieren. Er profitierte enorm durch den Ibiza-Skandal. Der spätere ÖBAG-Vorstandsvorsitzende Thomas Schmid war in diesen höchst verdächtigen Skandal verwickelt. In der Folge beschlagnahmten die Korruptionsermittler dessen Smartphone. Herr Schmid hatte zwar vorsichtshalber sein Handy auf Werkseinstellung zurückgesetzt, das half aber nicht. Die Fahnder konnten mehr als 300.000 Posts aus der Cloud wiederherstellen. Nun folgt eine belastende Enthüllung nach der anderen. Die österreichische Wirtschafts- und Korruptions-Staatsanwaltschaft hat daraus ein 186-seitiges Dokument erstellt, das auch dem Sender n-tv vorliegt.

Als der gutaussehende, smarte Jüngling Sebastian Kurz sein hohes Amt antrat, ließ er wissen, dass auch bei den Besetzungen der hochdotierten Posten in Politik und Wirtschaft ein frischer Wind wehen werde: Schluss mit Parteibuch-Karrieren, mit Seilschaften, die die wichtigen Posten besetzen, Schluss mit der Günstlingswirtschaft. Kanzler Kurz erntete überall Büsche von Vorschusslorbeeren. Zu Unrecht. Die Günstlingswirtschaft erreichte unter dem gefeierten, jungen Schönling ungeahnte Höhen.

Die Kurznachrichten seiner Clique sind allzu entlarvend. Zwar stiegen die beiden Haupt-Strippenzieher Kanzler Sebastian Kurz und Gernot Blümel und der ÖBAG-Chef Thomas Schmid nun die Konsequenz daraus und tun es vielen Messenger-Nutzern nach: Sie steigen auf das abhörsichere „Signal“ um – doch das Kind liegt schon im Brunnen. Die SMS-Chats sind den Ermittlern bekannt. So kann es einem gehen, wenn man überall Datenspeicherung und Überwachung installiert – in dem Glauben, es treffe ja nur die dummen Bürger.

Auf diese Weise fand man also die Chats mit Botschaften, wie „Tue es für mich 😘“ mit Bussi-Smiley daneben. Kann denn Liebe Sünde sein? Manchmal eben schon. Gernot Blümel wurde Finanzminister, aber bevor das klappte, hatte er wohl einige Problemchen und bat den Kanzler, mit dem damaligen General des Finanzministeriums zu sprechen.

Ein weiterer Beifang bei den Ermittlungen rund um die Ibiza-Affäre war Thomas Schmid, ebenfalls aus dem engsten Kreis um Kanzler Kurz. Dieser verhalf Herrn Schmidt zur Spitzenposition in der österreichischen Staatsholding ÖBAG, eine Art Staatsvermögensfonds, die immerhin über 27 Milliarden Euro Unternehmensvermögen verfügt. Herr Schmid war technisch wohl doch nicht so versiert und löschte seine Posts zwar vom Handy, jedoch nicht in der Cloud, wo sie die Ermittler dann fanden.

Auch Finanzminister Gernot Blümel gehörte zum engeren Kreis und breitete die Arme weit aus und schrieb Schmid: „Du bist Familie“. Damals war die ÖBAG noch die Öbib GmbH, wurde aber dann in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, die ÖBAG. Das bot der „Familie“ die Möglichkeit, Aufsichtsräte einzustellen und damit weitere Klüngelposten zu besetzen, die dann brüderlich Herrn Thomas Schmid zum Häuptling der ÖBAG küren sollten.

Es fehlte aber noch eine Quotenfrau für den Aufsichtsrat der ÖBAG und auch hier fand sich eine gute Lösung:

„Auch da mischt Schmid mit – und informiert Sebastian Kurz: Er habe eine Frau gefunden, die passen würde. Sie sei ‚compliant‘ und, offenbar wichtig, ‚steuerbar‘.“ 

Auch diese Dame kam nicht zufällig an den Posten. Der Vater der Aufsichtsrätin Iris Ortner ist ein Großspender der ÖVP.

Die Frankfurter Rundschau schreibt:

„Schmid selbst ging bereits im Sommer 2018 davon aus, dass er Öbag-Chef werden würde, obwohl der Job noch nicht einmal ausgeschrieben war. Er sinnierte damals aber darüber, dass er den Chauffeur aus dem Finanzministerium mitnehmen würde und eine Klimaanlage in seinem neuen Büro eingebaut werden sollte. Anfang März 2019 bat er Kurz dann per SMS, ihn ‚nicht zu einem Vorstand ohne Mandate‘ zu machen.“

Kurz schrieb ihm zurück „kriegst eh alles, was du willst 😘 😘 😘 “ mit gleich drei Bussi-Smileys. Welche Liebe unter den mächtigen Männern! Und so erhält der Wunderwutzi-Kanzler auch entsprechende Treue-Posts von Herrn Schmid: „😃 😃 😃 Ich bin so glücklich, ich liebe meinen Kanzler 👍 👍 💪 💪“.

Überraschung: Nur zwei Wochen später wurde Herr Schmid dann ohne Gegenstimmen zum ÖBAG-Chef gewählt. Kein Wunder, die Aufsichtsräte waren zu einem großen Teil seine persönlichen Bekannten, die ihm wiederum sehr dankbar für die lukrativ dotierten Posten waren. Es geht doch nichts über „Familie“.

 

Die Chats sind teilweise schon sehr merkwürdig. So schreibt der österreichische Wochenblick:

„Und wieder haben es die Chats mit dem nunmehrigen Finanzminister Gernot Blümel in sich: Er müsse das Gesetz, das Grundlage für Schmids Karriere-Sprung sein sollte: ‚rasch umsetzen! Das bist du mir echt schuldig!‘, ließ ihn Schmid wissen. Als Schmid ein Gesetz nach Blümels Vorstellungen schrieb, ließ ihn dieser wiederum wissen: ‚Devote Liebe kann auch nett sein :-)‘. Für Schmid sei diese jedoch laut seiner Antwort eine ‚Neue Erfahrung :-)‘ Doch das war noch gar nicht alles an Drama. Als Schmid – wieder einmal Angst hat, seine Karrierepläne könnten scheitern, droht er gegenüber Blümel: ‚Ich stürze mich heute in die Donau und du bist schuld!‘ Der Finanzminister entgegnete nicht minder dramatisch: ‚Pass auf dass du nicht auf mich drauf springst‘.“

Es wird wohl nicht zu befürchten sein, dass die Herren sich jetzt in die Donau stürzen, auch wenn sie Grund dazu hätten. Wenn etwas zu einem universalen Verhaltenskodex für Politiker geworden ist, dann dass man alles aussitzt und für nichts mehr die Verantwortung übernimmt. Vor 100 Jahren haben sich Ehrenmänner für ihre Untaten noch selbst gerichtet.

O tempora, o mores. Heute gibt man sich – allen Tatbeweisen zum Trotz – entrüstet:

Sebastian Kurz meinte nun, dass er sich keine Korruption unterstellen lasse. Erst recht nicht werde er sich das ‚gefallen lassen‘.

Das ist jetzt offenbar allgemein Kanzlersprech. Auch Frau Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel wischte jeden Vorwurf vom Tisch, dass Lockdown Kinder seelisch schwer belastet sind und das Homeschooling in vielen Familien aus Zeit- und Geldgründen gar nicht machbar ist. Nicht jeder kann sich die nötigen Computer und den Internetanschluss leisten. Vielen Kindern werden kaum wiedergutzumachende Schäden in ihrer Schulbildung zugefügt und werden bildungsmäßig „abgehängt“. Viele vereinsamen und werden aggressiv oder depressiv. Die häusliche Gewalt gegen Kinder hat seit den Lockdowns drastisch zugenommen, wie auch die Selbstmorde unter Teenagern.

Kanzlerin Merkel wird aus dem Corona-Gipfel mit den MinisterpräsidentInnen der Länder vom 19.1. aktuell mit dem Satz zitiert: „Ich lasse mir nicht anhängen, Kinder zu quälen!

 

Dieser Beitrag erschien zuerst auf der Webseite „dieUnbestechlichen.com