Wenn der Wind sich dreht: Julian Reichelt (BILD) dreht mit – beginnt eine neue Ära in den Medien?

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Bild Reichelt: Wikimedia Commons, Superbass, CC-by-SA-4.0, Hintergrund BILD-Logo: gemeinfrei

von Niki Vogt

Ein lieber Freund und Nachbar mailte mich gestern an und fragte fassungslos „Was ist denn hier los???“ Er bezog sich auf ein Video von Julian Reichelt, der plötzlich völlig andere Töne anschlägt. War Herr Reichelt doch bisher kompromisslos im Schulterschluss mit der Berliner Regierung und ein Fan der allseits vom Volke geliebten Frau Bundeskanzlerin, Dr. Andrea Merkel, so scheint er über Nacht vom Saulus zum Paulus gewandelt worden zu sein. Geradezu revoluzzerhaft, möchte man sagen.

BILD-Chef Julian Reichelt gehörte bisher zur erlesenen Riege der „Haltungsjournalisten“. Aber wer sagt denn, dass man immer dieselbe Haltung haben muss?

Entsprechend saftig sind die Kommentare darunter.
Gorilla99 meint: „Reichelt und Bild sind systemkritisch?! Grundgütiger Gott, der Tag des jüngsten Gerichts ist da.“
Semy Y.: „Hört, hört … ich glaube, die Hölle ist zugefroren“
sigibaerodilio trifft den Nagel auf den Kopf: „Hört hört, ganz neue Töne. Was doch ein Eigentümerwechsel ausmacht! „Wess´ Brot ich ess, des Lied ich sing“
Rainer Kaminski: „Trumps Mühlen mahlen langsam, aber die mahlen.“

Und damit sind wir am Punkt. genau das ist passiert, nur weiß es kaum einer. Die Axel-Springer-Gruppe gehört jetzt KKR: Kohlberg Kravis Roberts & Co.

Diese globale Riesenfirma hat Springer übernommen. Zitat aus Wikipedia:

„Am 12. Juni 2019 kündigt KKR ein freiwilliges Übernahmeangebot der Axel Springer SE an, welches das Unternehmen mit 6,8 Milliarden Euro bewertet. Im Jahr 2020 hat KKR die Mehrheit am Axel Springer Verlag erworben und die Bewilligung erhalten, die Aktie von der Börse zu nehmen. Zum Springer Verlag gehören u. a. die Bild-Zeitung, Bild.de, BamS, Sport Bild, Welt, N24 Doku, Businessinsider, Travelbook, u.v.a.m.“

Was heißt das? Das bedeutet, das KKR nun auch im gesamten Springer-Medienkonzern die Linie bestimmt. Und wahrscheinlich bleibt es nicht bei der Springer-Gruppe, denn die Kriegskasse von KKR ist gut bestückt und sie gehen anscheinend auf Einkaufstour. Die Übernahme der deutschen Medienlandschaft steht an. Das wiederum bedeutet, dass ein anderer Wind wehen wird. Und welcher wird das sein? Julian Reichelts denkwürdige 180°-Drehung ist erst der Anfang. Aber das gedrehte Windfähnchen zeigt schon eine Richtung an. Man wird nun nicht mehr im sicheren Windschatten der Regierung segeln und jeden ungestraft fertig machen können, der da mal Kritik übt. Aber in welche Richtung wird es gehen?

Ganz einfach. Henry Kravis ist ein alter Weggefährte von US-Präsident Donald J. Trump. Sie haben viel miteinander zu tun und unterstützen sich auch gegenseitig. Präsident Trump wollte Henry Kravis für das Finanzministerium haben. Der wollte allerdings nicht. Die beiden erfolgreichen Milliardäre halten viel voneinander.

Der nächste Move ist, den Axel-Springer Konzern von der Börse zu nehmen. Die Aktionäre haben noch genug Zeit, ihre Anteile zu verkaufen. Wenn es keine Aktien mehr für die Springer-Gruppe gibt, kann sich auch niemand via Aktien so ohne weiteres in den Konzern einkaufen und dazwischenfunken. KKR muss dann auch nicht ständig irgendwelche Unternehmensergebnisse publizieren und Quartalsberichte verfassen und kann dann das Unternehmen umgestalten, neu aufstellen, dazukaufen, wie es will.

Es wird interessant sein zu sehen, welchen haltungsjournalistischen Kurs die Zeitung „Die Welt“, die ja ebenfalls zum Springerkonzern gehört, einnehmen wird. Da die „Welt“ ein Verlustbringerfür die Gruppe ist, wird man personell wahrscheinlich etwas ausdünnen. Ein starkes Motiv für die Damen und Herren Haltungsjournalisten, ihre Haltung an die der neuen Eigentümer anzupassen?

Morbus Reichelt könnte sich als neue Epidemie im Medienwald entpuppen.