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von Niki Vogt
Der ehemalige Berliner Bürgermeister Wowereit sagte einmal, Berlin sei arm, aber sexy. Vielleicht. Viele Professionelle sind arm, aber sexy, haben sich ihr Schicksal aber nicht unbedingt ausgesucht. So geht es den Kindern in der sexy Hauptstadt. Nur sehen sie wenig von der verführerischen Seite der Stadt. Mehr als ein Viertel muss nämlich von Hartz IV existieren. Die Verelendung Deutschlands schreitet voran und wird unter einer grünen Kanzlerin noch zu größerer Blüte kommen.
Die Linken könnten einem richtig sympathisch werden. Immer wieder legen sie mit parlamentarischen Anfragen den Finger in die Wunde. Diese erschreckenden Zahlen hätten wir sonst wohl kaum aus der Presse erfahren. Denn das Leid und den Weg der Deutschen in die Verelendung verschweigt man regierungsseitig immer recht gern.
Dank der Linken wissen wir nun, dass 27 Prozent der Berliner Kinder und minderjährigen Jugendlichen im Dezember 2020 in Haushalten lebten, die Hartz IV beziehen. Es dürften sehr wahrscheinlich dank der heroischen, aber wenig effektiven Lockdowns noch mehr geworden sein. Das offenbarte eine veröffentlichte Antwort der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie auf die Parlamentarische Anfrage der Linken.
Diese Prozentzahlen sind schon schlimm. Aber es sind 162.412 Minderjährige, die dieses Leben führen müssen. Einhundertzweiundsechzigtausend junge Menschen in „Bedarfsgemeinschaften“ nach dem Sozialgesetzbuch (SGB II), die schon jetzt kaum noch große Perspektiven haben und schon jetzt größtenteils mit einer ordentlichen Ladung Frust und Wut oder Resignation ins Leben starten. Manche werden kämpfen, viele werden resignieren und einfach denselben Weg gehen und „hartzen“. Einhundertzweiundsechzigtausend Schicksale, die größtenteils vor die Hunde gehen.
Die meisten armen Kinder leben In Neukölln und Berlin Mitte. Das lässt sich an den gemeldeten Hartz IV-Empfängern der jeweiligen Jobcenter ablesen. In Berlin Mitte waren vor zwei Jahren 26.833 „Bedarfsgemeinschaften“ mit Kindern gemeldet, in Neukölln 24.265, in Spandau 16.482 und in Reinickendorf 15.914. Der Stadtteil Marzahn, über Berlin hinaus bekannt geworden durch die Comedian-Künstlerin „Cindy aus Marzahn“, die in schrill pinken Outfits das Proletariat dort liebevoll persiflierte, ist mit 15.185 Hartz IV-Empfängern dabei, Tempelhof-Schöneberg mit 15.061 Hartzern. 2018 berichtete die BZ (Berliner Zeitung) auch über die Altersgruppen innerhalb der Bedarfsgemeinschaften: 83.716 Kinder unter 8 Jahre, 56.5564 zwischen 8 und 14 Jahre alt und 32.141 zwischen 14 und 18 Jahre alt. Davon bezogen Ende des Jahres 2017 in Berlin 7.810 Kinder aus Haushalten mit einem ausländischen Haushaltsvorstand Sozialhilfe oder Bezüge als Asylbewerber. Eine ganze Stadt an Kindern, denen es oft am Nötigsten fehlt. Und die meisten davon haben nur einen Elternteil.
Und, man glaubt es kaum, der Berliner Senat sieht tatsächlich „weiterhin Handlungsbedarf“. Nicht, dass man die Zustände ja bisher gar nicht kannte. Der Artikel der Berliner Zeitung mit Zahlen aus 2017, die kaum weniger erschreckend sind, beweist, dass diese Misere chronisch ist. Die Familien- und Kinderarmut besteht schon lange, wie die Zeichnungen von Heinrich Zille, dem Berliner Milieukünstler eindrucksvoll belegen. „Handlungsbedarf“ in Berlin besteht seit jeher, nur ändern tut sich nichts. Berlins Kassen sind notorisch leer, die Stadt hat immer Schulden.
Rückschlüsse auf die Auswirkungen der Pandemie auf Kinder- und Familienarmut könne man aus den Zahlen noch nicht ziehen, meint die Senatsverwaltung Berlins. Doch erste „empirische Analysen“ (vulgo: Erfahrungswerte und Beobachtungen) weisen darauf hin, dass es gerade Kinder aus solchen Familien betrifft, die mit geringer Bildung, mit Arbeitslosengeld II (Hartz IV), mit einem alleinerziehenden Elternteil oder Migrationshintergrund belastet sind. Leider erschöpft sich Handlungsbedarf meistens in Geldzuweisungen und Geldgeschenken oder schikanösen Sanktionen, die sehr oft auch noch sehr unfair und ungerecht sind und die Familien erst so richtig in bittere Not bringen. Die Linke möchte nun 200 Euro „Pandemiezuschlag“ für Hartz IV Empfänger und man möchte eine Kindergrundsicherung einrichten. Mal sehen, was aus den mildtätigen Plänen wird.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf der Seite DieUnbestechlichen.com