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von Niki Vogt
Was viele schon für sehr wahrscheinlich hielten, jetzt kommt es anscheinend tatsächlich heraus. Es ist so, wie es immer ist: Das schwächste Glied in der Kette bringt alles zum Einsturz. Nun hat im Cum-Ex-Skandal einer der Beteiligten doch gestanden. Die eisenharte Front gibt es nicht mehr. Und nun wird es weitere geben, die ihre Haut retten wollen. Sie werden die Schuld auf andere abwälzen. Diesmal kann man es nicht alles „auf den Praktikanten“ schieben.
Und mittendrin im Debakel, Kanzler Olaf Scholz, dem die meisten sowieso nicht abgenommen haben, dass er mit der Sache nichts zu tun hat.
Stefan Homburg, ein deutscher Finanzwissenschaftler, ist Professor für Öffentliche Finanzen und war von 1997 bis 2021 Direktor des Instituts für Öffentliche Finanzen der Leibniz Universität Hannover. Seine Tweets werden immer gut besucht und kommentiert. Gerade bei diesem Thema sieht man, wie wenig das Volk noch hinter der Politik steht, wie man weiter unten im eingebetteten Tweet sieht.
Es sieht nun ganz danach aus, als sei Herr Bundeskanzler Scholz doch recht früh auch über die Vorermittlungen der Staatsanwaltschaft Hamburg gegen ihn informiert gewesen. Und wenn das so war, dass er bereits sehr früh von Ermittlungen wusste, bevor die Presse Wind bekam, muss es wohl in der Hamburger Justiz jemanden gegeben haben, der Herrn Bürgermeister Scholz was geflüstert hat, so dass er seine „Schäfchen ins Trockene“ bringen konnte. Denn die Staatsanwaltschaft hatte in einer Erklärung ausgeschlossen, dass Herr Scholz etwas wissen konnte, da er – und auch niemand aus seinem Umfeld – in die Vorermittlungen einbezogen war. Und bisher hielten ja auch alle dicht. Bisher.
Da die meisten nicht mehr wissen, wie der Hintergrund des Cum-Ex-Skandal ablief und kaum jemand weiß, wie diese „Cum-Ex“-Nummer funktioniert, das hier im Rückblick:
Wie Cum-Ex funktioniert
A ist Eigner von Aktien. Er macht einen Kaufvertrag mit B, dass dieser ihm das Aktienpaket abkauft. Doch der Kauf selber findet noch nicht statt, es besteht nur der Vertrag. B verkauft aber, ohne die Aktien schon zu besitzen, das Paket sofort weiter an C. So etwas nennt man einen „Leerverkauf“. Nun wird von der Aktiengesellschaft die Aktien-Dividende an A ausgeschüttet. A muss von dieser Summe 25% Kapitalertragssteuer abführen. Diese Steuer kann er sich aber später mit einer Bankbescheinigung wieder erstatten lassen, wenn er bereits seine Einkommenssteuer bezahlt hat (oder, wenn A ein Unternehmen ist, die Körperschaftssteuer). Das macht A auch. Er behält also die gesamte Dividende.
Dann liefert A sein Aktienpaket, wie vereinbart an B. Der reicht das gleich weiter durch, wie ebenfalls längst mit Kaufvertrag vereinbart, an C. Weil C aber durch den Kaufvertrag rein rechtlich schon zum Tag der Dividenden-Ausschüttung Eigentümer des Aktienpaketes ist, bekommt er zwar nicht die Dividende (die A ja kassiert hat), aber er bekommt ebenfalls die Bankbescheinigung als Eigentümer der Aktien am Tag der Dividendenausschüttung. Damit kann C sich eine Steuerrückerstattung in derselben Höhe wie A vom Finanzamt holen, obwohl er die Steuer nie bezahlt hat.
Auf diese Weise ist der Staat und damit der Steuerzahler in Hamburg von der Warburg Bank, die hier der „C“ ist, um 47 Millionen € beschissen worden. Andere Quellen beziffern den Schaden für den Steuerzahler auf mehrere Hundert Millionen Euro.
Warum holte sich das Finanzamt diese Summe nicht zurück?
Und obwohl das bekannt wurde, hat die Hamburger Finanzverwaltung – die 2016 diese gewaltige Summe hätte zurückfordern müssen – im Steuerverfahren irgendwie doch kein Geld zurückgeholt. Man ließ Jahr für Jahr die Forderungen gegen die Warburg Bank stillschweigend verjähren. Nur durch eine Weisung des Bundesfinanzministeriums wurden weitere Verjährungen gestoppt. Wie war das möglich? Nun soll endlich aufgeklärt werden, ob es damals Absprachen gegeben hat zwischen dem Finanzamt und dem Hamburger Senat und welche Rolle der damalige Bürgermeister Olaf Scholz zusammen mit der Warburg Bank gespielt hat.
Damalige Anfragen des NDR an das Hamburger Finanzamt wurden mit der Auskunft beschieden, man könne wegen des Steuergeheimnisses keine Auskunft zu diesem Steuerverfahren geben. Man sei aber sehr gewissenhaft in diesen Dingen. Im Oktober 2016 – Monate vor der ersten Verjährung – war das Finanzamt nach Meinung der Betriebsprüfer noch überzeugt, die Millionen zurückfordern zu müssen. Dieses Ergebnis wurde an die übergeordnete Finanzbehörde weitergeleitet. Der heutige Bürgermeister Peter Tschentscher war damals Finanzsenator von Hamburg. Nach dieser Weiterleitung geschah erst einmal nichts und dann verjährte der Rückforderungsanspruch. Herr Tschentscher beteuert, die Politik habe auf das Hamburger Finanzamt keinerlei Einfluss genommen.
Recherchen des NDR zeigen aber, dass sich der damalige Chef der Warburg Bank, Christian Olearius im Jahr 2017 mit führenden Hamburger Politikern der SPD getroffen hat. Da liefen noch mit Hochdruck die steuerstrafrechtlichen Ermittlungen wegen schwerer Steuerhinterziehung gegen ihn. Herr Olearius traf sich auch mit dem haushaltspolitischen Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, Johannes Kahrs im Dezember 2017.
Gleichzeitig erhielt die SPD eine Spende in Höhe von 45.500 Euro vom Bankhaus Warburg.
Die Tagebücher des Bankiers Christian Olearius
Als die Ermittler in Düsseldorf, am Dienstagmorgen, den 20. März 2018 an der Tür des Anwesens von Herrn Olearius klingeln und ihm einen Durchsuchungsbeschluss unter die Nase halten, muss der damals 75jährige Ex-Bankier sie einlassen. Sie finden ein Tagebuch im Arbeitszimmer. Darin schreibt Herr Olearius alles nieder, was sich so in seinem geschäftlichen Leben und seinem Netzwerk ereignet. Die Ermittler wollen nun die alten Tagebücher aus der Zeit sehen, in der die Cum-Ex-Geschäfte getätigt wurden und Herr Olearius führt sie auch in seine Bibliothek, wo diese Tagebücher stehen. Die Ermittler packen die Aufzeichnungen aus der Zeit Mai 2006 bis März 2018 ein. Es sind 22 Bücher. Ausgiebige Lesezeit bei der Steuerfahndung.
Ex-Bankier Olearius geht juristisch dagegen vor. Es handle sich bei den beschlagnahmten Tagebüchern um seine privaten Aufzeichnungen, die Sache kommt vor Gericht. Doch das entscheidet, dass hier das Interesse der Allgemeinheit schwerer wiegt. Nur die beruflichen Notizen und Beschreibungen dürfen in die Ermittlungsakten.
Darin werden die oben genannten Treffen beschrieben und wann er sich mit wem in der Cum-Ex-Sache getroffen hat. Wer schreibt, der bleibt.
Olaf Scholz und die SPD im Skandal-Sumpf
Zurückzahlung hin oder her: Die Medien berichten nun ausgiebig davon, dass sich der damalige SPD-Bürgermeister von Hamburg, Olaf Scholz im November 2017, während des Schlachtgetümmels um die Cum-Ex-Millionen, ausgerechnet in seinem Amtszimmer mit dem Miteigentümer und Aufsichtsratsvorsitzenden der Skandalbank Warburg, Christian Olearius getroffen hat, als gegen diesen und mehrere seiner Manager wegen schwerer Steuerhinterziehung ermittelt wurde. Das geht aus den erwähnten Tagebüchern des Herrn Olearius hervor. Herr Scholz hat das auch zugegeben. Brisant: Christian Olearius notierte in seinen Aufzeichnungen, er habe Scholz darüber informiert, wie es in der Cum Ex-Sache bei den Finanzbehörden und der Staatsanwaltschaft steht. Herr Scholz, so schreibt er, habe ihm bedeutet, „dass wir uns keine Sorgen zu machen brauchen“.
„Wie vertrauensvoll das Verhältnis zwischen Scholz und Olearius zu sein scheint, wird in einem späteren Eintrag deutlich, als die beiden ihre Medienstrategien miteinander abstimmen: ‚Das ,Spiegel‘-Gespräch sollte ich führen, mich aber maßvoll äußern‘, schreibt Olearius. Die folgenden Sätze im Tagebuch lassen Scholz‘ Vorstellungen von wahrhaftiger Öffentlichkeitsarbeit in einem zweifelhaften Licht erscheinen: ‚In Szene setzen in Sachen Wissenschaftsstandort Hamburg will er sich allein; Gutachten seien störend.‘“
Die Tagebücher des Bankiers Olearius verraten aber noch mehr: Er hatte auch vertrauliche Gespräche mit MdB Johannes Kahrs (SPD) und dem damaligen Zweiten Bürgermeister Alfons Pawelczyk, ebenfalls von der SPD.
„Scholz und Olearius bestreiten, dass es eine politische Einflussnahme gab. Gespräche zwischen Politikern und Wirtschaftsführern seien üblich. Auch der Leiter der Steuerverwaltung betont in einem inzwischen veröffentlichten Schreiben, dass es keine Versuche gegeben habe, politisch auf Entscheidungen der Steuerverwaltung Einfluss zu nehmen. (…) Trotz dieses Treffens antwortete der Hamburger Senat noch im November 2019 auf eine Anfrage der Linksfraktion, es habe keine persönlichen Gespräche von Mitgliedern des Senats zum steuerlichen Verfahren der Warburg-Bank mit dem Bankhaus gegeben – explizit auch keine Gespräche zwischen dem damaligen Bürgermeister Scholz und Vertretern der Bank.“
Bislang also haben alle Beschuldigten und Beteiligten eisern geschwiegen und nur das vereinbarte ausgesagt. Niemand hat niemand bevorzugt und die Sache war einfach so verjährt und keiner weiß etwas von einer Verwicklung des Herr Olaf Scholz.
Das hat sich aber gerade geändert.
Aber, selbst wenn eine rechtswidrigeKungelei des Herrn Bundeskanzlers Olaf Scholz bewiesen werden sollte, wird er sicher nicht zurücktreten
Hier ein kurzer Bericht von „Unser Mitteleuropa“ dazu:
Scholz: Das perfekte Vergessen?
Eine wahrhaft überraschende Wende im dritten Cum-Ex-Prozess in Bonn lieferte wohl die Aussage eines Angeklagten, der sowohl Fehler als auch „Mitläufer-Mentalität“ zugab.
Somit scheint nun erstmalig die Verteidigungslinie der Wartburg-Eigner ins Wanken zu geraten. Düstere Aussichten für SPD-Kanzler Olaf Scholz, als damaliger „Teamplayer“ in dieser Affäre.
Angeklagter gesteht auf „Anraten des Richters“
Am 13. Verhandlungstages des dritten Cum-Ex-Prozesses platzte nach massivem „Nachhaken“ des Richters schlussendlich die Bombe. Ein ehemaliger Geschäftsführer von Wartburg-Invest, einer Tochterfirma der Wartburg Bank, räumte überraschend ein, an den Cum-Ex-Deals beteiligt gewesen zu sein. Auf dringliches Anraten des Richters, der ihn mehrmals ermahnte, zu seinem eigenen Besten endlich die Wahrheit zu sagen, würde der Angeklagte schließlich geständig. Offenbar agierte er hier entgegen des Anratens seiner vier Anwälte.
„Er habe die Ereignisse jahrelang schöngeredet, um sein Handeln vor sich selbst, vor Anderen und der Justiz gegenüber zu rechtfertigen“, so der Angeklagte Manager. „Dies sei falsch gewesen, er habe die Augen geschlossen, aus Sorge um seine Karriere, seine Bedenken betreffend der Deals zurückgestellt.
„Er bedauere zutiefst dadurch eine wesentliche Voraussetzung für die Durchführung der hier behandelten Transaktionen und den dadurch verursachten immensen Steuerschaden geschaffen zu haben“, erklärte er abschließend.
Verteidigungsstrategie wankt
Bislang standen alle im Fall Warburg Beschuldigten noch loyal zusammen. Im ersten Prozess gegen einen früheren Warburg-Banker war die Verteidigung noch auf Linie der Konfrontation. Die nunmehrigen Aussagen des Angeklagten lassen die Verteidigungslinie nun erstmals bröckeln.
Diese spektakuläre Aussage, entgegen der bisher eisern „gefahrenen“ Verteidigungslinie, könnte weitreichende Folgen haben, nicht zuletzt für Kanzler Olaf Scholz. Einer der Angeklagten, Paul Mora, wird wegen solcher Cum-Ex-Geschäfte international gesucht. Der mutmaßliche Schaden für den Fiskus und somit für den Staat beträgt dabei mehr als 100 Millionen Euro.
Darunter waren in den Jahren bis 2010 auch Fonds, die für Cum-Ex-Deals genutzt wurden. Mit diesen haben Banker, Anwälte und ungezählte Finanzinstitute jahrelang Aktien vor und nach dem Dividendenstichtag gehandelt. Dabei ließen sie sich zuvor nicht gezahlte Kapitalertragsteuer erstatten und erleichterten den Fiskus damit insgesamt um schätzungsweise mehr als zehn Milliarden Euro. Diese sogenannten Cum-Ex-Deals waren strafbare Steuerhinterziehung, urteilte der Bundesgerichtshof (BGH) im Sommer 2021.
Allein mit den beiden Fonds im aktuellen Prozess soll der Staat damals um mehr als 100 Millionen Euro geprellt worden sein.
Scholz schon bald als „Lügner“ überführt?
Nachdem das Verfahren gegen den nunmehrigen Kanzler Olaf Scholz, über seine Verflechtungen in diesem Skandal, „gerade noch rechtzeitig“ vor der Bundestagswahl eingestellt wurde, droht nun erneutes Unheil in dieser Causa. Zuvor hatte die Hamburger Staatsanwaltschaft nach mehr als anderthalb Jahren ein Vorermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Untreue gegen den heutigen Bundeskanzler Olaf Scholz geführt.
Grund waren unter anderem insgesamt neun Strafanzeigen von Bürgerinnen und Bürgern im Zusammenhang mit Scholz‘ Rolle im Hamburger Cum-Ex-Skandal. Scholz war von 2011 bis 2018 erster Bürgermeister von Hamburg gewesen. Aufgrund des nunmehrigen Geständnisses eines Angeklagten, stellt sich nun die Frage, hat Deutschland bald einen Kanzler, der einer kriminellen Vereinigung die Steuerschulden erlassen hat?
Sieht so aus, als sei der Quarterback bald weg.
Im Strafprozess gesteht unerwartet ein Warburg Banker, und @OlafScholz ist als Lügner überführt.https://t.co/VEMUJdeygU
— Stefan Homburg (@SHomburg) January 15, 2022
Nicht nur die Bürger dieses Landes, auch Investigativjournalist Oliver Schröm stellte sich diese berechtigte Frage. Schröm hatte die vergangenen acht Jahre maßgeblich an der Aufdeckung des Cum-Ex-Skandals mitgewirkt.