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von Niki Vogt
Immer offener zeigt sich, dass die Sanktionen des „Westens“ gegen Russland auf die Sanktionierer zurückschlagen. Die Vorstellung der Europäer und US-Bürger, sie besäßen eine viel stärkere Wirtschaft als Russland und könnten das riesige Land in die Knie zwingen, ist wohl eine Illusion. Es gibt einige Aspekte, die laut Experten, das Gegenteil beweisen. Auf den ersten Blick scheint die glitzernde Fassade der westlichen Wirtschaften überlegen zu sein. Auf den zweiten Blick ist die russische Wirtschaft widerstandsfähiger. Russland ist grundsätzlich in der Lage, sich weitgehend selbst zu versorgen und hat einen starken Partner: China, das in Wahrheit jetzt schon Weltmacht Nummer Eins ist.
Die erodierende Noch-Weltmacht Nummer Eins, die USA, sind hoch verschuldet und stehen an der Schwelle einer großen Inflation und einer sich stets verschärfenden Finanz- und Wirtschaftskrise. Im Gegensatz zum Rubel, der wegen der aktuellen Ereignisse gerade in den Keller stürzt, aber das Potenzial hat, sich wieder zu festigen, durchleidet der Westen eine langsame Währungserosion, weil die Kaufkraft stetig schwindet. Die Zauberkiste der Nullzinspolitik und des „Quantitative Easing“ ,des „Gelddruckens“ via gigantischer Kredite ohne Sicherheiten ist real eigentlich schon erschöpft. Die Staatsschulden sind nur noch relativ stabil, weil alle so tun, als würden sie doch irgendwie einmal bezahlt werden können. Weil Staatsanleihen mittlerweile real mit Minuszinsen vom Kreditgeber bezahlt werden, beleibt das Staats-Überschuldungs-System vorerst stabil. Doch die Finanzmärkte wissen das und beobachten die Situation sehr wachsam.
Russland ist eines der großen Länder ohne Schulden und mit großen Goldreserven
Russland hat keine Schulden. Im Gegenteil: Es hat 497,56 Milliarden US-Dollar in Fremdwährungen. Insgesamt verfügt Russland laut Statista über 624,24 Milliarden US-Dollar an internationalen Reserven. Davon mehr als Hundert Milliarden als Einlage in der BIZ (Bank für internationalen Zahlungsausgleich, die Zentralbank der Welt-Zentralbanken) geparkt. Zur Zeit kommt Russland an sein Guthaben nicht mehr heran. Dieses Geld stand bisher auch international für kurzfristige Kredite zur Verfügung. Ein Kredit-Reservoir, das nun der ganzen Welt versperrt ist.
Russland kann immer noch über 300 Milliarden in Offshore Swaps verfügen. Das reicht, um die internationalen Geldmärkte empfindlich zu stören. Das Großteil dieser Beträge ist in Dollar gehalten. Russland bemüht sich gerade, hier aus dem Dollar auszusteigen, was dem Dollar eine weitere Schwächung bescheren wird.
Dazu kommen 132,74 Milliarden Dollar Goldreserven in russischem Besitz.
Unter Putin hat das riesige Russland schon seit Jahren vorsichtig, aber stetig den Einfluss des Dollars auf seine Wirtschaft immer weiter eingeschränkt, um sich weniger angreifbar zu machen. Das dämpft die Auswirkungen der Sanktionen. Dabei gibt es einige Möglichkeiten, unangemeldete Reserven in Offshore-Geschäften zu verstecken. Diese werden zur Zeit wahrscheinlich aus dem Dollar in andere Währungen oder Edelmetalle konvertiert. Sehr wahrscheinlich läuft zur Zeit eine verdeckte Jagd nach russischen Währungsreserven auf der ganzen Welt. Russland versucht, diese vor den Sanktionen zu retten, die USA setzt alles daran, diese Reserven aufzuspüren und zu verhindern, dass aus dem Dollar herauskommen könnten, um dessen Verfall und die weitere De-Dollarisierung aufzuhalten.
Russlands Zentralbank und Privatsektor verfügen über fast 1 Billion US-Dollar an liquiden Mitteln, wobei Dollars mehr ausmachen, als die meisten Menschen glauben, selbst nachdem das Land 2018 alle seine Staatsanleihenbestände verkauft hat, schrieb Pozsar. (Zoltan Pozsar, ein Stratege der Credit Suisse Group AG) Er schätzt, dass etwa 200 Milliarden Dollar in Devisenswaps gehalten werden, weitere 100 Milliarden Dollar in Einlagen bei ausländischen Banken.
Der Euroraum ist dagegen sehr verwundbar
Der Euro ist in einer gefährlichen Situation. Es ist den Finanzmärkten bekannt, dass die EZB den Zahlmichel für die Mitgliedsländer darstellt, die defizitär wirtschaften und nur durch Staatsanleihen weiterwursteln können. Diese Staatsanleihen kauft zu einem sehr großen Teil die EZB auf, die aber weiß, dass sie im Grunde wertlos sind. Die EZB finanziert so die defizitären Volkswirtschaften der EU, um das System aufrecht zu halten. Das Bankensystem der EU ist also ebenfalls eine pompöse Hülle, die jederzeit bei einer außerordentlichen Belastung in sich zusammenfallen kann.
Die EZB würde in diesem Fall hauptsächlich auf das haftende Deutschland zugreifen müssen. Großbritannien ist „draußen“, die zweitgrößte Wirtschaft Frankreich ebenfalls verschuldet und auch Deutschland hat beträchtliche Staatsschulden. Aufgrund der Energiewende und weiterer nachteiligen Faktoren ist auch die Wirtschaftslokomotive Europas, Deutschland, am Rande ihrer Leistungskraft, wenn nicht schon jenseits davon. Kommt jetzt noch breitflächiger Stromausfall und Gasmangel dazu, sind die Folgen schwer abzuschätzen. Auf keinen Fall wird das zu einem Wirtschaftswachstum beitragen. Russland dagegen hat immer noch China und Indien als riesigen Absatzmarkt für sein Gas, Kohle und Öl. Russland kann die Sanktionen wegstecken und hat den längeren Atem – und die Russen sind es gewohnt, ihre Probleme selbst zu lösen. Diese Leute sind bekannt dafür, im Alltag 1001 Wege zu finden, um mit Provisorien und selbst konstruierten Lösungen durchzukommen. Sie sind härter im Nehmen, als wir. Der alte, insgeheim bewundernde Scherzspruch in Bezug auf die Überlebensfähigkeiten der Russen stimmt:
„Hast du Hammer, hast du Draht,
Kommst du bis nach Leningrad.“
Dazu kommen noch die Target2-Saldi der Deutschen Bundesbank. Selbst unsere einst so solide Bundesbank sitzt auf über einer Milliarde Zahlungsausfällen innerhalb des Euroraumes fest. Im Januar 2022 waren es exakt 1.149.868 Euro. Diese Zahlungsverpflichtungen sind de facto uneinbringbar. Das ganze funktioniert eben nur, solange die Zinsen auf diese Schulden bei Null stehen – oder noch darunter. Sollte Bewegung in die Zinsen kommen und drehen diese wieder in ins Plus, wird das die ganze Konstruktion zusammenfallen lassen.
Oder das Tempo der „Inflationsfinanzierung“ der EZB legt noch einmal deutlich zu – falls der Markt das noch mitträgt. Denn die Wirtschaftsrezession in der Eurozone, die durch die Covid-Einschränkungen noch einmal an Fahrt aufgenommen hat, wird die Staaten dazu zwingen, noch höhere Schulden aufzunehmen. Die 100 Milliarden Euro, die die deutsche Regierung in die Bundeswehr steckt, entnimmt sie auch nicht aus der Portokasse.
Die Seite Goldmoney.com schreibt: „Deutschlands Erzeugerpreise stiegen im Oktober im Vergleich zum Vorjahr um 18,4 %. Es besteht kein Zweifel, dass die Erzeugerpreise in die Verbraucherpreise einfließen werden und dass steigende Verbraucherpreise noch viel weiter steigen müssen, angeheizt durch die Beschleunigung der Währungsabwertung in den letzten Jahren.“
Das bedeutet aber gleichzeitig, dass der Währungsverfall des Euro für die Deutschen nicht mehr nur im Verhältnis zu anderen Währungen sichtbar, sondern hautnah in den steigenden Preisen für Rohstoffe und lebenswichtige Produkte schmerzhaft spürbar wird. Ob es Öl für KFZ-Kraftstoff, Heizungen oder Plastikprodukte oder für Holz zum Bauen oder Weizen für die Lebensmittelproduktion ist – es wird allein durch den Sinkflug des Euro schon teurer werden und dazu kommt noch die Mangelsituation durch den Bruch der Lieferketten.
Mit anderen Worten: Der Kollaps des EU/Euro-Systems wird sehr wahrscheinlich in nicht allzu ferner Zukunft stattfinden. Ob der Ukraine-Krieg mit den Sanktionen dem zerbrechlichen, westlichen System den Todesstoß gibt, wird sich zeigen. Wenn nicht: Die EU ist im Begriff, ein Vermögensregister aufzubauen, in dem alle Vermögenswerte aller EU-Bürger aufgelistet sind. Darauf wird man wahrscheinlich zugreifen, um erst eine Vermögensabgabe und dann einen Währungsschnitt und anschließend die Einführung einer digitalen Währung mit totaler Überwachung und Transparenz der Vermögens- und Einkommensverhältnisse aller EU-Bürger einzuführen.
Die Seite Goldmoney beleuchtet die Möglichkeiten des Euroraumes kritisch:
„So, wie es ein Sprichwort über das Kamel sagt, ist es auch mit dem Euro: Er wurde von einem Komitee entworfen. Doch anders, als das Wüstenschiff werden der Euro und seine Institutionen nicht überleben – das können wir angesichts der aktuellen Entwicklungen mit zunehmender Sicherheit sagen. (…) Der Euro (ist) sogar noch mehr zu einem staatlichen Kontrollmechanismus geworden als die anderen großen Währungen, vielleicht mit Ausnahme von Chinas Renminbi. Aber trotz all seiner Fehler achtet der chinesische Staat zumindest auf die wirtschaftlichen Forderungen seiner Bürger, um ihn (den Staat) bei der Verwaltung der Währung zu leiten. Die Kommissare in Brüssel scheinen zusammen mit nationalen Politikern blind für die sozialen und wirtschaftlichen Folgen des Abdriftens in den Totalitarismus zu sein, wo die Menschen in neue Lockdowns und in einigen Fällen zu obligatorischen Covid-Impfungen gezwungen werden.“
Die russische Zentralbank hat noch ein paar Joker, die sie ausspielen kann. Sie könnte einen Teil des großen Goldbestandes als goldgedeckten Rubel eintauschen. Damit würde Russland de facto einen Goldstandard einführen, den Währungsbestand schützen, die Kaufkraft des Rubel stabilisieren und ihn für Angriffe aus dem Westen unerreichbar machen.
Die Deutschen Wirtschaftsnachrichten schreiben:
„Seit dem Versuch des Westens, den Rubel im Jahr 2014 zu destabilisieren, habe Russland seine Devisenreserven diversifiziert, sein Dollar-Engagement reduziert, sein Euro- und Renminbi-Engagement erhöht und Gold angehäuft, das jetzt 23 Prozent seiner Devisenreserven ausmache – etwas mehr als seine Dollarbestände. Beim Finanzministerium hält der „National Wealth Fund“ ebenfalls etwa 20 Prozent seines Vermögens in Gold (geschätzte weitere 670 Tonnen).“
Sowohl Russland, als auch China sind schon seit langem stetige Goldeinkäufer. Beide sind sich seit Jahren darüber im Klaren, dass der marode Westen irgendwann verzweifelt nach einer Lösung Ausschau halten wird. Die USA will und wird nicht ihre Vormachtstellung freiwillig abgeben. Die Ukraine war immer ein vor sich hinschwelender Brandherd, der zum ersten Mal 2014 beim Euro-Maidan ausbrach, seitdem nicht mehr gelöscht wurde und nun in der Konfrontation der Machtblöcke zum Großbrand werden kann. Wird keine Übereinkunft mit festen Verträgen erzielt, die die Ukraine als wirklich neutral festlegt, stehen sich – je nachdem, wer gewinnt – die Machtblöcke entweder an der West- oder Ostgrenze der Ukraine direkt gegenüber. Das würde schnell unmittelbar in den Dritten Weltkrieg führen.