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von Niki Vogt
Es ist eine gute Sache, Menschen die hierhergekommen sind, um in Sicherheit leben zu können, hier zum Gemeinwohl beitragen und sich integrieren wollen zu unterstützen. Das muss auch anerkannt und geschätzt werden. Allerdings hat sich in den Unternehmen eine Einstellung breitgemacht, die schon etwas sehr durchsichtiges Kalkül zu sein scheint. Marketing und Selbstdarstellung als Schaumkrönchen der Gutmenschlichkeit via „Political Correctness XXL“.
Unvergessen die spektakuläre Werbebauchlandung des Unternehmens EDEKA, das einen Vatertag-Werbespot in die Welt setzte, in dem ein empathieloser, ungeschickter, überforderter Grobian von Vater seiner Tochter beim Kämmen die Haare ausreißt, beim Ballspielen die Schneidezähne einschlägt, Chips frisst, wie ein Schwein und nichts, aber auch gar nichts auf die Reihe kriegt und am Ende das Kind zur zärtlichen, rundum perfekten Mutter sagt „Danke Mama, dass du nicht wie Papa bist“. Da hatte man sich wohl großen Beifall für das „weißer-Mann-Bashing“ versprochen, erntete aber einen Shitstorm. Die Kommentare unter dem Video sind sehr interessant.
Wie schnell sich das Fähnchen im Winde drehen kann, war bei Gillette zu beobachten: Sie produzierten einen Werbeclip, in dem den Männern vorgeführt wurde, wie primitiv sie sich verhalten, aggressiv, sexistisch, grob. Und wie man sich als Mann gefälligst korrekt zu verhalten hat. Gillette als mahnende Gouvernante zur Sozialisation aller Männer. Das kam überhaupt nicht gut an. Sehr viele Männer wehrten sich (zu Recht!) gegen das Zerrbild vom unsensiblen, brutalen Primitivling. Einer schrieb sehr hübsch darunter: „Danke Wilkinson, dass du nicht Gillette bist.“
Hier das Original:
Und sieh an: Die neue Werbelinie von Gillette hieß plötzlich „Local Heroes“ (etwa zu übersetzen mit „Helden vor Ort“). Im Stil eines amerikanischen Action-Filmes wurde als Pilot-Werbespot ein (echter) Feuerwehrmann portraitiert, mit Slow Motion und heroischen Bildern, wie er unerschrocken in brennende Häuser marschiert, um Menschen zu retten. Plötzlich ein ganz anderes, doch ach-so-schrecklich überkommenes Männerbild: Großer, weißer MANN, muskulös, breitschultrig mit einem hypermaskulinen Kinn, wortkarg aber mit riesengroßem Herzen für sein kleines Töchterlein, das ihn zutiefst bewundert:
Soso. Spontane Hundertachzig-Grad-Wende, um die Kundschaft wieder einzufangen. Soviel zu den hehren Werten der Political Correctness. Es gibt viele Beispiele dafür. Wie auch der ADAC-Spot „DEUTSCH“, der als explizit deutschfeindlich empfunden wurde und zu massenhaften Mitgliedskündigungen führte. Das Video gibt es leider nicht mehr. Ein Bravourstück, für das das schwäbische Wort „darnäääbe g‘langt“ genau passt.
Die Werbefuzzies sind seitdem etwas vorsichtiger geworden. Die Erfahrung mit der erbosten Kundschaft spiegelt sehr schön ein Satz aus den USA wider: „Get woke, go broke!“. Das ist nicht ganz leicht zu übersetzen. Es bedeutet, wenn du dich als „erwacht“ (als bewusst und politisch korrekt) präsentierst, bist du flott pleite, weil Dir die breite Kundschaft wegläuft.
Also muss man die Strategie wechseln. Kein Bashing mehr gegen irgendeine Bevölkerungsgruppe, sondern ernsthaftes Engagement für etwas, das niemand kritisieren kann, weil es a) ja tatsächlich etwas Gutes ist und b) nebenbei noch zeitgeistkonform und c) bei all dem auch jaaa aufpassen, dass man keine Kritik an niemandem übt, aber auch nicht der Sympathie für irgendwie als „Rechts“ empfundenes verdächtig ist. Ist schon nicht einfach.
Daher kann EDEKA gar nicht schiefliegen mit der Förderung von Berufsausbildung und Integration von Flüchtlingen … äääh … pardon „Geflüchteten“. Und das kann man auch überall herumposaunen, ohne Kritik zu ernten. Würde EDEKA deutsche Jugendliche fördern, wäre das rassistisch und rechts. EDEKA könnte natürlich auch alle jungen Berufseinsteiger fördern, egal welcher Herkunft und alle gleich behandeln. Das gibt aber werbetechnisch und PR-mäßig nichts her. Damit ist kein Blumentopf zu gewinnen. Und es gilt ja, der Öffentlichkeit zweifelsfrei klar zu machen, dass man zu den Guten gehört, so, dass viele Kunden sich moralisch verpflichtet fühlen, bei EDEKA zu kaufen. Und diejenigen, die nicht so ticken, hat man wenigstens nicht gegen sich aufgebracht.
Für dieses Zeitgeistphänomen ist in den traditionell hypermoralischen USA der Bergriff „virtue signalling“ entstanden. Wörtlich übersetzt heißt es „das Signalisieren von Tugendhaftigkeit“. Wikipedia erklärt es so:
„Virtue signalling ist eine abwertende englischsprachige Bezeichnung für das Zurschaustellen moralischer Werte. Damit sind häufig Ansichten gemeint, die die moralische Korrektheit der eigenen Position zu einem bestimmten Thema demonstrieren und gleichzeitig als besonders zustimmungsfähig erachtet werden. Hierzu wird auch die offensive Ablehnung von als nicht zustimmungsfähig eingeschätzten Ansichten gezählt. (…) Eine gängige deutsche Übersetzung gibt es bislang (Stand Februar 2020) nicht. Es wurden unter anderem die Versionen Tugendprotzerei und Tugendprahlerei verwendet oder der Sachverhalt umschrieben.“
Die Begriffe „Heuchelei“ und „Anbiederei“ sind in vielen, aber nicht allen Fällen passend. Man kann sicher auch ganz absichtsvoll seine Tugendhaftigkeit zur Schau stellen und dabei doch vorbildliche Dinge tun, frei nach dem Motto „Gutes tun und darüber sprechen“. Die Grenzen sind fließend. Wenn die Marketing-Abteilung oder die Werbeagentur vorrechnet, welchen Schaden eine virtue signalling-Werbekampagne mit „Männerbashing“ angerichtet hat und welchen Nutzen nun eine gegenteilige Werbekampagne mit einem hochtraditionellen Männerbild in Vorbildfunktion bringt und der Unternehmer entscheidet sich dann dafür, ist das schon sehr nah an Heuchelei.
Zumindest bleibt die Glaubwürdigkeit auf der Strecke.
Dieser Artikel erschien zuerst auf dieUnbestechlichen.com