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von Niki Vogt
Es ist schwer einzuschätzen, wie viele solcher Fälle es wirklich gibt: Sind es nur die bisher drei Seniorenheim, in denen bereits seit mehreren Wochen durchgeimpfte (zwei Injektionen) Bewohner und Mitarbeiter bei einem Corona-Ausbruch erkranken? Oder werden nicht alle berichtet?
Wie dem auch sei: Ein weiterer Ausbruch fand im oberfränkischen Ort Hof statt. Hier sollen insgesamt 30 Infektionen aufgetreten sein. Zwei Drittel der Infizierten hatten eine vollständige Impfung mit dem Biontech/Pfizer.
Die Webseite inFranken.de berichtet dies als einen „kleinen Ausbruch“. Nach gegenwärtigem Stand seien die Betroffenen zwar positiv getestet – „sie haben aber keine Symptome – oder nur ganz leichte“, betont die Heimleiterin Simone Rödel, berichtet inFranken.de.
Desgleichen der Bayerische Rundfunk:
„Die meisten infizierten Bewohner hätten nur leichte Symptome und seien kaum ansteckend, heißt es aus dem Hofer Altenheim „Seniorenwohnen“ des BRK. Einige wenige wiesen Erkältungssymptome auf. Mangels Anzeichen seien die Bewohner auch eher zufällig im Rahmen eines regelmäßigen Test-Routine getestet worden, heißt es. Das Ergebnis habe sie überrascht, so Heimleiterin Simone Rödel zum BR.“
Die Berichte wurden vor dem 23. März geschrieben.
Nun habe ich zufällig direkt aus der engsten Umgebung dieses Altenheimes aber sehr zuverlässige Informationen, dass dem nicht so ist … beziehungsweise nicht mehr so ist. Die Zahlen hören sich nett an und klingen nach wenig, überdies klingt auch der Zusatz der „sehr milden Verläufe“ beruhigend. Die Sache hat sich aber offenbar im weiteren Verlauf negativ entwickelt.
Tatsächlich ist die Lage eine andere. Die Bundeswehr unterstützt mit vier Sanitäter-Soldaten das Heim. Es ist kein kleiner Ausbruch mehr, sondern fast 45% der Mitarbeiter sind infiziert und fast 35% der Bewohner. Das ist definitiv kein kleiner Ausbruch. Und die Infizierten haben zum Teil wirklich schwere Symptome, es ist sogar zu mindestens einem Todesfall gekommen. Dabei habe man in dem Seniorenheim, genau wie in Mecklenburg Vorpommern, die „AHA+L-Regeln konsequent beachtet. Das RKI prüft nun die Umstände dieser Infektionen. Mehr konnte ich nicht erfahren.
Die beiden vorangegangenen Ausbrüche mit vollständig geimpften Senioren und Pflegern haben sich im bayerischen Rodingen und in Mecklenburg-Vorpommern in Penkun ereignet.
Zu Beginn der Impfkampagne gab es unzählige Coronaausbrüche in den Seniorenheimen nach der Erstimpfung, doch wurde das damals damit begründet, dass man nach der Erstimpfung noch nicht den vollen Impfschutz habe und sehr wahrscheinlich seien doch schon einige mit Covid infiziert gewesen, kurz bevor die erste Impfung stattfand. Die Krankheit habe sich sozusagen stumm unter den Bewohnern und Mitarbeitern verbreitet, und sei nach der Impfung dann zutage getreten mit allen Symptomen. Oder die Erkrankten hätten sich direkt nach der Impfung angesteckt, weil der Impfschutz noch nicht ausgebildet war.
Das mag so sein. Wer aber Angehörige im Altersheim hat, der hat auch mitbekommen, dass das normalerweise ganz anders abläuft. Wenn jemand infiziert wurde und der Test (es werden in den Heimen ständig alle getestet) war positiv, gehen da überall berechtigterweise (!) die Alarmlampen sofort auf rot. Dann wird streng isoliert oder die Betroffenen in die Klinik gebracht. Jeder Besuch ist ausgeschlossen, es wird das gesamte Personal und Bewohner in sehr kurzen Abständen getestet. Über einen kleinen Kreis geht der Ausbruch dann kaum hinaus.
Bei den Ausbrüchen nach der ersten Impfung in den Seniorenheimen wurden immer schlagartig und fast gleichzeitig quer durch das Heim viele Pfleger und Bewohner krank. Das ist ein ganz anderes Muster.
Im bayerischen Lichtenfels unterstellte der erzürnte Heimleiter sogar dem Impfteam, es habe die Covid-Infektion beim Impfen eingeschleppt:
Nach dem Besuch eines Impfteams kam es in einer Senioreneinrichtung in Lichtenfels zu einem massiven Corona-Ausbruch. Der Geschäftsführer des Elisabeth-Heims, Fabian Franke, machte daraufhin die Mitglieder des Teams für die Ausbreitung verantwortlich. Dies wurde vom zuständigen Landratsamt aber konsequent zurückgewiesen. (…) Aktuell sind laut Franke 51 Bewohner und 28 Mitarbeiter positiv auf das Virus getestet worden.
Der Heimleiter berief sich in seiner Beschuldigung darauf, dass in dem Heim seit Wochen keine Besucher eingelassen worden waren und alle Bewohner, wie auch das Pflegepersonal ständig getestet wurde, alle Vorsichtsmaßnahmen strengstens beachtet haben – und auch kein einziger Fall mehr aufgetaucht war, dafür aber nach der Impfung gleich massenweise und das innerhalb der üblichen Inkubationszeit – passend einige Tage bis eine Woche nach der Impfung. Sofort brach wegen der „haltlosen“ Anschuldigung ein Sturm der Entrüstung los. Offenbar war das Impfteam tatsächlich nicht infiziert. Aufgeklärt wurde der geheimnisvolle Ausbruch aber nicht – oder zumindest wurde nicht weiter berichtet.
Mit konkrete Zahlen in diesen Fällen sind die Behörden erstaunlich zurückhaltend. Werden wir ansonsten mit Inzidenzen, Intensivstationszahlen, Neuinfektionen und Todesraten rund um die Uhr beschallt, ist man bei den Zahlen bezüglich der Covid-Infektionen NACH vollständiger Impfung extrem schmallippig.
Kein Wunder. Denn wenn man sich die Prozentzahlen in diesen Heimen ansieht, kann keine Rede davon sein, dass die vollständige Impfung ca. 85-prozentigen oder fast 90-prozentigen Schutz bietet, wenn so hohe Prozentzahlen der vollständig Geimpften dennoch infiziert werden. In Rodingen infizierten sich insgesamt 25 Bewohner, davon waren 20 bereits vollständig geimpft und das seit Wochen, hätten also den vollen Impfschutz haben müssen:
20 der 25 Infizierten waren zum zweiten Mal geimpft
Trotzdem haben sich 25 Bewohner der Dementenstation seit dem 8. März nach und nach erneut infiziert und zwar, wie man inzwischen weiß, mit der hochansteckenden britischen Virusmutation. 20 von ihnen waren bereits mit dem Biontech-Impfstoff geimpft, die meisten schon im Januar und auch zweimal. Das heißt, der Impfschutz war eigentlich schon vollständig aufgebaut. Nur fünf von ihnen hatten erst vor kurzem die erste Impfung. „Wir waren mehr als erstaunt und auch beunruhigt, dass es wieder Fälle gab“, sagte Heimleiter Andreas Schmaderer dem BR.
Das ist keine gute Nachricht.
Man fragt sich, was die Impfung nützt, wenn der Schutz so gering ist, dass man eben doch alle Vorsichtsmaßnahmen weiter einhalten muss. Die AHA+L Formel muss weiter beachtet werden. Das heißt: Kontakte beschränken und AHA+L: Abstand halten, Hygiene beachten, im Alltag Maske tragen, regelmäßig lüften und am besten noch ein +A, nämlich Corona-Warn-App nutzen.
Jetzt fragen sich viele: Wenn man das sowieso weiter alles machen muss und nicht frei und unbesorgt sein kann, ja sogar weiterhin andere infizieren und selbst infiziert werden kann … warum soll man dann das Risiko einer nicht ausgetesteten Impfung eingehen, hinter der doch beängstigend viele Fragezeichen stehen? Die meisten wollen sich immerhin deshalb impfen lassen, um sicher zu sein und wieder normal leben zu können.