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von Niki Vogt
Man wird nervös im Lager des smarten Präsidenten Macron. Damals, bei der letzten Wahl in Frankreich, tauchte er sozusagen in letzter Minute auf, wie Deus ex Machina. Gutaussehend, jung, nicht eindeutig politisch festzunageln und mit einem mitreißenden Slogan „La répulique en marche“ (die Republik setzt sich in Bewegung) konnte er in quasi letzter Minute noch einen überwältigenden Sieg für das heutige „ancien régime“ Frankreichs erobern. Aber schon damals stand das etablierte Parteiensystem auf wackeligen Füßen. Jetzt könnte es endgültig kippen. Marine Le Pen, ein Rechtsaußen-Underdog, könnte der nächste Präsident werden. Und sie betreibt eine geschickte Imagepflege.
Frankreich geht es nicht gut. Es ging schon nicht gut, als Emmanuel Macron kandidierte. Nur geht es dem Land seitdem noch viel schlechter. Die Proteste wurden immer heftiger und lauter und zur Hochzeit der Gelbwesten-Proteste stand es Spitz auf Knopf, ob der Präsidentenpalast gestürmt werden würde.
Bei großen Anlässen, wo auch die Armee ihren Auftritt hat, bekommen die Soldaten in ihren Paradeuniformen zwar Gewehre zum Präsentieren, aber es wird vorher kontrolliert, dass sie nur ja keine Munition haben. Der Präsident fürchtete sich am meisten vor seiner eigenen Garde.
Heute sind die alten Systemparteien noch mehr am Ende als bei der letzten Wahl. Generäle der Streitkräfte haben immer wieder mehr oder weniger offen zu einer Revolte gegen die Regierung und das System aufgerufen, die Stimmung im Land ist aufgeheizt.
Nun platzte eine Bombe in diese angespannte Stimmung. Die britische „DailyMail Online“ berichtet, worüber hier in Deutschland kaum etwas zu hören und zu lesen ist:
Waren es vorher einzelne hohe Militärs, haben jetzt 20 französische Generäle im Ruhestand und 80 aktive Offiziere sowie 24.000 Armeeangehörige weiterer militärischer Ränge einen offenen Brief an die Regierung geschrieben, in dem sie vor einem Bürgerkrieg warnen. Sie kündigen an, Frankreich unter eine Militärregierung zu stellen, falls Präsident Macron weiterhin bei der Aufgabe versagt, die „Islamisten und Kriminellen daran zu hindern, die Gesellschaft zu zersetzen“. Wenn gegen die „Vorstadthorden“ nichts unternommen werde, sei ein Bürgerkrieg unvermeidlich und könne nur durch das Militär und eine Militärregierung gestoppt werden. Der Ausdruck „Vorstadthorden“ bezieht sich auf die allgemein bekannte Tatsache, dass die Zuwanderer und das Prekariat hauptsächlich in den heruntergekommenen Wohnblöcken um die Städte herum leben, was dann oft sogenannte „No-Go-Zonen“ sind. Ein Bürgerkrieg zwischen den autochtonen Franzosen und den muslimischen Zuwanderern, so der Brief, werde zu Tausenden Toten führen.
In dem Brief schreiben die Unterzeichner:
„Frankreich ist in Gefahr. Mehrere tödliche Gefahren bedrohen es. Auch im Ruhestand, sind wir doch Soldaten Frankreichs und können unter den gegenwärtigen Umständen nicht gleichgültig zusehen, wenn es um das Schicksal unseres schönen Landes geht.“
Der Brandbrief stößt auf große Sympathie bei der aktiven Armee und in weiten Teilen der Bevölkerung. Zum Schrecken des Präsidenten hat sich nun auch noch der Bürgermeister von Paris hinter den Brief der Militärs gestellt.
Der Verteidigungsminister, Frau Florence Parly, nannte den Brief eine „inakzeptable Aktion“ und sie setzte hinzu, dass die aktiven Offiziere, die diesen Brief unterschrieben haben, eine Disziplinarstrafe erwarte. Der Brief verletze unter anderem das Gebot der Armee, politisch neutral zu bleiben. Verteidigungsminister Parly setzte hinzu, sie habe den obersten Befehlshaber instruiert, die „Aufrührer“ in der Armee zu disziplinieren. Den aktiven Militärs drohe Gefängnis und den Ruheständlern der Entzug ihrer Altersbezüge.
Präsident Emmanuel Macron drohte ebenfalls mit harter Bestrafung der Unterzeichner des Briefes, dürfte sich aber darüber im Klaren sein, dass er dann Gefahr läuft, tatsächlich einen Militärputsch loszutreten. Auch die Linkspartei verurteilte diesen Brief aufs Schärfste.
Beifall erhielten die Verfasser und Unterzeichner des Brandbriefen hingegen von dem Vorsitzenden der rechten Partei, Frau Marine Le Pen. Sie lud die Militärs ein, an der kommenden Schlacht, der Schlacht um Frankreich, an ihrer Seite zu kämpfen, wie sie in einem Antwortbrief schrieb.
Marine Le Pen weiß, dass sie mit ihrem Kurs den Rückhalt der Nationalisten, Konservativen und Rechten hat. Dort begrüßt man diesen Brief von „Patrioten, wie General Pierre de Villiers“, dem ehemaligen Oberbefehlshaber der französischen Streitmächte. Und sie weiß natürlich auch, dass die Briefschreiber breiten Rückhalt in der Streitmacht haben. Überdies wird in besagtem Brief klar ausgedrückt, dass Politiker, die die Sicherheit der Nation verteidigen wollen, auf die Unterstützung und Rückendeckung der Armee zählen können. Deutlicher geht es kaum.
Hier bedient Marine Le Pen die nationalen und patriotischen Wähler sowie auch die immer noch sehr aktive Szene der Gelbwesten, in deren Reihen viele pensionierte und aktive Militärs engagiert sind.
Aber die Frontfrau der „Nationalen Sammlung“ (Rassemblement National) hat ihre Lektionen gelernt. Ihre ablehnende Haltung gegen den Euro hatte sie beim letzten Wahlkampf Stimmen gekostet. Sie hatte Dinge gesagt, die Macron ihr als Inkompetenz und mangelnde Kenntnis der außenpolitischen und finanzpolitischen Verhältnisse auslegen konnte. Marine Le Pen hat sich ein neues Image zugelegt, das sowohl die Patrioten als auch den konservativen Mainstream anspricht.
Wie Bloomberg erstaunt feststellt, erhält sie jetzt Unterstützung von Frauen, jungen Leuten, Homosexuellen (die auch in Frankreich mittlerweile feststellen dass strenge Muslime überhaupt keine Sympathien für Homosexuelle hegen) und Juden (die ebenfalls zu den Verlierern einer Islamisierung gehören würden). Gleichzeitig lobt Le Pen aber auch die integrierten Muslime und zieht sie ebenfalls auf ihre Seite. Die jüngsten Umfragen sehen Macrons Vorsprung stetig schwinden.
Eine Umfrage von „Harris Interactive“ stellte fest, dass 58% der Befragten die Positionen des offenen Briefes der Militärs unterstützen. Das Ergebnis ist nicht eben eine Beruhigung für den Elysée-Palast. Denn diese Unterstützung dürfte fast 1:1 auch für Marine Le Pen gelten. Dass die Koalition aus Rechten und Konservativen stärker als je zuvor ist, ist kein Geheimnis mehr. Und noch einmal wird der Coup mit einem jungen, hübschen Quereinsteiger der auf „frischen Wind“ und volksnah macht, nicht mehr verfangen. Macron war der eine Joker, den das Establishment im Ärmel hatte. Er erschien zur richtigen Zeit als Messias und hat abgewirtschaftet.
Der britische Guardian sieht zwar nicht gerade die Gefahr eines Militärputsches vor der Tür, aber einen Rechtsaußen-Präsidenten namens Marine Le Pen als durchaus möglich. Gegen alle Insider, die behaupten, Macron schafft noch eine zweite Amtszeit, sieht der Guardian eine reelle Chance, dass Le Pen mit einer knappen Mehrheit gewinnt. Und das würde, so der Guardian, ein Donnerschlag für die Welt sein.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf der Seite „DieUnbestechlichen.com„