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von Niki Vogt
Wir waren am Montag beim Auftakt der Bauernproteste dabei. Zusammen mit befreundeten Bauern durften wir schon in den frühen Morgenstunden aufbrechen. Es war eine ganz besondere Stimmung. Trotz aller Sorge um die Zukunft konnte man auch eine ungeheure Kraft und den Zusammenhalt spüren und den eisernen Willen, friedlich und diszipliniert, aber unnachgiebig gemeinsam für die Existenz und für das Land zu kämpfen.
„Der Bauer stund auf im Lande“ … die Zeile eines alten Liedes über die Bauernkriege fiel mir dabei ein.
Es sind eindrucksvolle Bilder von einem historischen Tag: Der Montag werde einen Protest erleben, den Deutschland noch nie so gesehen habe, kündigten die Bauern an – und sie sollten Recht behalten. Unser Video begleitet die Westerwälder Bauern auf ihrer Autobahnfahrt und zurück bis Koblenz.
Die Bauern kündigten an, Deutschland lahm zu legen und sie hielten Wort. Nachdem sie sich das Recht vor Gericht erstritten hatten, Autobahnauffahrten zu blockieren, setzten sie das auch um und zeigten massive Präsenz auf Bundesstraßen und Autobahnen.
Schon sehr früh am Morgen traf man sich an den Sammelpunkten, um gemeinsam loszuziehen. Ihr Versprechen, Polizei- und Sanitätsfahrzeuge keinesfalls zu behindern, hielten sie wortgetreu. Imposante, riesige Trecker, verschiedene landwirtschaftliche Fahrzeuge und Lastwagen zog mit Gelblichtern, lautem Hupen und Pappschildern in nicht enden wollende Konvois über Landstraßen und Autobahnen.
Trotz Verkehrsbehinderungen brachten die Bürger ihnen überall viel Sympathie entgegen. Man hupte, blinkte, reckte die Daumen hoch. Sogar auf den Autobahnbrücken versammelten sich Grüppchen und zeigten ihre Unterstützung. Es war überall eine freudige Solidarität zu spüren, viele Passanten klatschten, wenn die Traktoren die Straße entlangfuhren und nicht wenige gaben ihrer Freude darüber Ausdruck, dass ENDLICH einmal was passiert und der Ampel-Regierung gezeigt wird, dass es so in Deutschland nicht mehr weitergehen kann.
Das war auch der grundlegende Tenor bei den Versammlungen und Reden – hier auf dem Platz vor dem Koblenzer Schloss. Eine gespannte, aber zuversichtliche und positive Stimmung unter den Leuten war hautnah spürbar. Die Bauern auf dem langen Treck hin zum Schloss wurden gefeiert wie Helden, wie überall anders in Deutschland auch.
Die Reden unter der Überdachung wurden lautstark kommentiert, man pfiff und klatschte, sparte aber auch nicht mit Buh-Rufen bei parteipolitischen Rednern.
Der Vertreter des Gastgewerbes, das sich bundesweit den Protesten angeschlossen hat erschien in einer Kochjacke und lud die Anwesenden zu Kartoffelsuppe und Gulasch ein, was gern angenommen wurde.
Ein Vertreter der CDU stieß ersteinmal auf wenig Gegenliebe, machte seine Sache aber recht gut und konnte auch hier und da Applaus ernten. Ein Landwirt, der als FDP-Abgeordneter im Landtag sitzt, musste sich erst einmal Respekt erarbeiten, was ihm aber in seiner ehrlich-offenen Art gelang.
Es war eigentlich auch ein Politiker von den Grünen als Redner angekündigt worden. Da aber allein schon die Ankündigung zu massenhaft lauten Buh-Rufen geführt hatte, zog der Mann es wohl vor, lieber unverrichteter Dinge und unauffällig das Feld zu räumen. Als die Zuhörer nach seinem Auftritt fragten, meinte der Veranstaltungsleiter, dass der Grünenpolitiker ja sowieso kaum zu Wort gekommen wäre und deshalb auf seinen Auftritt verzichte – daraufhin konnte man Sprechchöre „Feigling! Feigling!“ rufen hören.
Alles in allem kann man das Fazit ziehen, dass die Bauern, Gastwirte und Transportunternehmen sehr glücklich darüber waren, dass die Menschen im Land sie unterstützen und solidarisch sind. Das Gefühl der Gemeinsamkeit war greifbar und die Bürger – und auch die Städter wissen sehr gut, dass die Bauern, Spediteure und Gastronomen nicht nur für sich selber kämpfen, sondern für uns alle.
Denn was wollen wir tun, wenn die Bauern massenhaft in den Ruin getrieben werden und die blühenden Höfe aufgegeben werden müssen? Woher bekommen wir alle unsere Lebensmittel? Und in dieser regionalen Frische und Qualität? Wir alle wollen qualitativ hochwertige, gesunde Lebensmittelprodukte. Die Landwirte arbeiten hoch engagiert daran, beste Erzeugnisse auf den Markt zu bringen, erfüllen schwierige und arbeitsintensive – und dadurch auch teure Auflagen.
Gleichzeitig aber werden sie von ausländischen Billigimporten minderer Qualität, nämlich ohne Rücksichtnahme auf Qualität, Geschmack und biologischen Anbau unterboten und vom Markt verdrängt. Unsere regionalen Lebensmittel – mit kaum Pflanzenschutzmittel-Einsatz, Tierwohl und Bodenpflege, können preislich nicht mithalten. Die Fremd-Importe sind nämlich trotz weiter Transportwege immer noch billiger als die eigenen, regional erzeugten, hochwertigen Produkte unserer Bauern.
Ohne unsere Landwirte stehen wir bald vor sehr großen Problemen, uns gesund zu ernähren. Ohne die Transporteure bleiben die Geschäfte leer und die Restaurants, in denen wir es uns schmecken lassen und einen Abend mit Freunden genießen auch. Von Lebensmittelimporten abhängig zu sein, weil es keine Landwirte mehr gibt, ist ein gefährliches Spiel, wie alle Redner betonten.
Eine Woche lang werden die Bauern ihre Kraft und Präsenz zeigen und auf ihre verzweifelte Lage aufmerksam machen. Wir müssen zusammenstehen und der destruktiven Politik Einhalt gebieten. Noch lange standen kleine Gruppen zusammen und redeten über die Bauernproteste und die allgemeine Lage – und wärmten sich die klamm gewordenen Finger gemeinsam am Feuer.